Steinbrücks Finanzmarktregulierung ist mutlos und blutleer
Rede Dr. Axel Troosts am 17. Januar 2013
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Ursachenanalyse der Euro-Krise im Antrag von SPD und Grünen ist nur begrenzt richtig; denn sie lässt einen wichtigen Teil außen vor. Natürlich hat die Finanz- und Bankenkrise seit 2008 einen großen Anteil an der Krise im Euro-Raum. Aber Sie blenden die mindestens genauso wichtige zweite Ursache aus, und das ist kein Zufall. Die zweite Ursache - das sind die Konstruktionsfehler der Währungsunion selbst. In einer Währungsunion hätte man die Mitgliedsländer darauf verpflichten müssen, sich in wichtigen Schlüsselbereichen ständig abzustimmen, zum Beispiel in der Wirtschafts-, in der Steuer-, in der Lohn-, in der Inflations- und in der Arbeitsmarktpolitik.
(Beifall bei der LINKEN)
Wenn in einer Währungsunion eine Zielinflationsrate von 2 Prozent vereinbart ist, dann ist es nicht nur Aufgabe der Zentralbank, sich darum zu kümmern. Vielmehr hätte sich eine deutsche Bundesregierung selbstverständlich darum bemühen müssen, dass die Löhne oder, genauer gesagt, die Lohnstückkosten, entsprechend steigen.
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, Ihre letzte Bundesregierung von 2002 bis 2005 hat das nicht nur ignoriert. Viel schlimmer: Sie hat in Deutschland mit der Agenda 2010 ganz bewusst einen Niedriglohnsektor, eine Prekarisierung von Arbeit, Erwerbslosigkeit und Rente eingeführt und hat damit die Reallöhne auf breiter Front gesenkt.
(Beifall bei der LINKEN)
Das deswegen ist das hier Thema war nicht nur Verrat an den Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Erwerbslosen sowie Rentnerinnen und Rentner, sondern es war auch eine Sabotage an der Europäischen Währungsunion; denn Sie haben die Lohnentwicklung in Deutschland zugunsten der deutschen Unternehmer und Aktionäre auf Kosten von Rest-Europa unter 2 Prozent gedrückt.
(Beifall bei der LINKEN)
Unter Rot-Grün wurde der Euro eingeführt, und ohne die rot-grüne Agenda 2010 stünde die Euro-Zone heute weit weniger nahe am Abgrund.
(Beifall bei der LINKEN)
Natürlich müssen die Griechinnen und Griechen ihre hausgemachten Probleme anpacken, aber einen wichtigen Beitrag müssen auch wir in Deutschland leisten. Wir müssen die ausschließliche Exportorientierung eindämmen, uns von der Agenda-Politik verabschieden und endlich die Binnenwirtschaft stärken, das Lohnniveau in Deutschland anheben und uns für einen leistungsfähigen deutschen Sozialstaat einsetzen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ohne diese Maßnahmen gibt es keine Chance, dass die südeuropäischen Länder ihre Wirtschaft wieder auf Kurs bringen und sich aus der Schuldenfalle befreien können.
Nun zum Hauptgegenstand Ihres Antrags, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, zur Finanzregulierung.
Viele Ihrer Einschätzungen und Forderungen können wir unterstützen. Wir freuen uns auch, dass Sie Anteilseigner und Gläubiger in Zukunft stärker bei der Bekämpfung der Bankenkrise heranziehen wollen.
Wir wissen aber natürlich auch alle: Das gilt für die Zukunft, also für die nächste Bankenkrise. Die Kosten der heutigen Krise sind aber längst da. Peer Steinbrück hat darauf hingewiesen, dass alleine in der Euro-Zone insgesamt über 1,6 Billionen Euro für die Bankenrettung aufgewendet worden sind. Man kann sagen das ist zugegebenermaßen etwas einfach : Die Reichen und Superreichen sind trotz der Krise immer reicher geworden, weil die Staaten großzügig für ihre Verluste aufgekommen sind.
Wir sehen daher die Zeit gekommen, durch eine einmalige Vermögensabgabe die Profiteure der Bankenrettung auch rückwirkend an den Krisenkosten zu beteiligen.
(Beifall bei der LINKEN)
Erfreulicherweise gibt es bei den Grünen in dieser Richtung auch klare Beschlüsse. In der SPD sieht das ganz anders aus. Insofern wird es in einer rot-grünen Regierung unter Leitung von Peer Steinbrück dazu sicherlich nichts geben. Unter einer Regierung von Rot-Rot-Grün, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, hätten Sie bestimmt bessere Karten.
(Beifall bei der LINKEN)
Auch in Sachen Finanzmarktregulierung und Bankenunion bleibt die Liste Ihrer Forderungen hinter vielem zurück, was nottut. Hier ist mehrfach gesagt worden: Die SPD will ein Trennbankensystem. In Ihrem Antrag steht davon überhaupt nichts.
(Manfred Zöllmer (SPD): Das kommt noch!)
Wir wollen bekanntlich auch, dass das spekulative Investmentbanking-Geschäft vom seriösen Bankengeschäft getrennt wird.
(Beifall des Abg. Ralph Lenkert (DIE LINKE))
Aber wir wollen auch, dass, wenn es dann einen Bankenteil und einen Spielbankenteil gibt, der Spielbankenteil restlos geschlossen wird und nicht weiterarbeiten kann.
(Beifall bei der LINKEN - Joachim Poß (SPD): Schicken Sie mal Ihre Fraktion in die Spielbank!)
Aus unserer Sicht braucht die Welt keine hochkomplexen, gefährlichen Finanzprodukte, die selbst Bankenvorstände nicht mehr verstehen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Aus unserer Sicht muss der ganze Finanzsektor so grundlegend entrümpelt und zurechtgestutzt werden, dass am Ende keine Großbank mehr übrig bleibt, die ein Risiko für die Gemeinwirtschaft darstellt.
(Beifall bei der LINKEN)
Aus unserer Sicht muss die Gesellschaft viel stärker in die Banken hineinwirken. Banken gehören unter gesellschaftliche Kontrolle
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
durch demokratisch legitimierte Verwaltungs- und Aufsichtsräte, wie es heute am besten noch im Bereich der Sparkassen und Volksbanken der Fall ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, glauben wir, dass Ihr gemeinsamer Forderungskatalog sich eher liest wie eine mäßig aufgepeppte Presseerklärung der EU-Kommission. Wir brauchen mehr und stärkere Regulierung, andere Einflussnahmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie im Herbst nicht nur die Regierung übernehmen, sondern wirklich einen neuen Kurs einschlagen wollen, dann ist wesentlich mehr Mut bei den Alternativen erforderlich.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN Dr. Frank Steffel (CDU/CSU): Da hat er recht!
Das Video der Rede finden Sie nachstehend oder auf www.bundestag.de
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