Die Verstaatlichung eines Saustalls
Von Simon Poelchau
Vor fünf Jahren ging die Hypo Real Estate (HRE) pleite 19,1 Milliarden Euro kostete die Insolvenz der HRE den Bund bis jetzt. Weitere Lasten können noch folgen.
Es brauchte nur drei Tage, um ein Versprechen des damaligen Finanzministers Peer Steinbrücks (SPD) als falsch zu entlarven: »Die Finanzmarktkrise ist vor allem ein amerikanisches Problem«, versuchte der jüngst gescheiterte Kanzlerkandidat Steinbrück am 25. September 2008 noch die Bevölkerung in Deutschland zu beruhigen. Just am 28. September kam schon die Hiobsbotschaft: Der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) habe akute Finanzierungsprobleme, seine Pleite könne die deutsche Finanzindustrie in den Abgrund reißen.
Es folgten Krisengipfel zwischen der Bundesregierung, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und Vertretern der Finanzbranche. Der Bund hoffte zunächst auf die Solidarität der Bankenwelt, musste dann aber doch einspringen. Auf über 100 Milliarden Euro wuchsen die staatlichen Garantien und Bürgschaften für die Pleitebank an. Letzten Endes wird sie ein Jahr nach Bekanntwerden der Schieflage verstaatlicht.
Der Grund für die HRE-Pleite lag in den Finanzierungsschwierigkeiten einer Tochtergesellschaft: Die irische Depfa finanzierte langfristige Kredite, die sie vergab, mit kurzfristigen Krediten, die sie aufnahm. Dieses Geschäftsmodell war letzten Endes nichts anderes als eine tickende Zeitbombe, die platzte, als die Depfa auf Grund der Lehmann-Pleite kein Geld mehr von anderen Banken bekam.
Fünf Jahre später macht die HRE wieder Gewinne in dreistelliger Milliardenhöhe und soll bis 2015 privatisiert werden. Möglich ist das aber nur, weil ein Großteil der Risiken in eine eigens gegründete Bad Bank ausgelagert wurden. Rund 191 Milliarden Euro übernahm die Abwicklungsbank »FMS Wertmanagement« an Schrottpapieren von der HRE. Knapp 137 Milliarden Euro war das Portfolio noch Ende 2012 schwer.
Dies sind Risiken, die noch Jahre auf den Schultern der Steuerzahler lasten werden. Denn die meisten dieser Papiere haben eine Laufzeit, die jenseits des Jahres 2020 endet. Und »beim Verkauf von Krediten mit weit in der Zukunft liegenden Fälligkeiten würden durch die damit verbundenen Sicherungsderivaten Verluste entstehen«, schreibt die Abwicklungsbank in einer Mitteilung. Mit anderen Worten: Die Papiere sind so gut wie unverkäuflich.
Dabei hat die Rettung der HRE den Staat schon 19,1 Milliarden Euro gekostet. 9,8 Milliarden entfallen dabei auf die Verstaatlichung der Bank, von denen der Fiskus bei der Privatisierung vielleicht etwas wiedersehen könnte. Aber 9,3 Milliarden Euro müssen komplett abgeschrieben werden. Das sind sogenannte Verlustausgleichszahlungen, die der Finanzmarktstabilisierungsfonds SoFFin an die FMS Wertmanagement zahlen muss.
Diese Lasten für den Steuerzahler hätten allerdings vermieden werden können, hätte die HRE richtig gewirtschaftet. So fand der damalige Präsident der BaFin, Jochen Sanio, während der Befragung durch einen Untersuchungsausschuss des Bundestages deutliche Worte bezüglich der Bank: Die HRE sei ein »Saustall« und ihre Situation auch vor der Insolvenz von Lehman Brothers bereits»strukturell latent gefährlich« gewesen.
Die HRE hat deswegen erst vor kurzem drei ihrer früheren Vorstandsmitglieder auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt 220 Millionen Euro verklagt. Der damalige HRE-Chef Georg Funke verkauft mittlerweile Villen auf Mallorca
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