Vom Verfassungschützen und Zitronenfalten
JU Bremen will "DIE LINKE" weiterhin überwachen
Der Verfassungsschutz schützt die Verfassung – so sollte man annehmen, denn darum heißt er ja Verfassungsschutz. Allerdings ist diese Annahme offensichtlich ebenso falsch wie die Auffassung, dass Zitronenfalter Zitronen falten.
Wie sonst ist es zu erklären, dass der Kreisverband der „Jungen Union“ die Partei Die Linke in Bremen auch weiterhin vom Verfassungsschutz überwachen lassen will.
Die JU behaupt in ihrer Stellungnahme zur anstehenden und sicherlich notwendigen Reform des Bremischen Landesamtes für Verfassungsschutz das, trotz Reform, in jedem Fall die LINKE weiter „unter Beobachtung“ bleiben sollte. Sachliche Gründe, die eine derartige Maßnahme rechtfertigen würden, bleibt sie aber schuldig. Ganz im Gegenteil, mit Allgemeinplätzen wie „die sind verfassungsfeindlich“ und „das dürfe man nicht durch die Hintertür salonfähig machen“ gibt man sich zufrieden.
Der bremische Bundestagsabgeordnete Dr. Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion „DIE LINKE im Bundestag“ stellt fest, das die Behauptung, die politischen Ziele der Linken seien „verfassungsfeindlich“, jeder Grundlage entbehrt.
„Deutlicher als die Linke kann man sich kaum zur Demokratie bekennen.“ sagt Troost, „ein kurzer Blick in die Gründungsdokumente der Linken würde belegen, dass Demokratie zu unseren grundlegenden Wertorientierungen gehört und dass wir eine umfassende Demokratisierung aller Lebensbereiche wollen. Ebenso leicht nachlesbar ist das glasklare Bekenntnis der Linken zum Rechtsstaatlichkeitsprinzip.“
„Sicherlich ist richtig, wir setzen uns für ein anderes Deutschland ein und sie stellt die Systemfrage. Aber beides ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Grundgesetz legt kein Wirtschaftssystem fest, es macht lediglich einige Einschränkungen: Eine reine Zentralverwaltungswirtschaft wäre mit den Freiheitsrechten des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren, während eine uneingeschränkte Marktwirtschaft dem Sozialstaatlichkeitsprinzip widerspräche. Dazwischen ist aber vieles möglich, auch demokratischer Sozialismus. Damit handelt die Linke also völlig verfassungskonform, wenn sie sich politisch für einen solchen Systemwechsel einsetzt. Demokratischen Sozialismus hat sich übrigens die SPD gerade erneut ins Programm geschrieben und nennt darin auch marxistische Gesellschaftsanalyse als eine ihrer Wurzeln – Grund für Beobachtung durch den Verfassungsschutz?“ stellt Troost fest. Mit dem Streben nach mehr Demokratie, mit dem uneingeschränkten Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und mit dem Ziel des demokratischen Sozialismus steht die Linke insgesamt voll auf dem Boden des Grundgesetzes.
Im Gegensatz zur LINKEN in Bremen müssen sich CDU, FDP und SPD die Frage gefallen lassen, ob ihre Parteien mit Hartz IV und anderen unsozialen Gesetzgebungen nicht massiv gegen das Sozialstaatlichkeitsprinzip verstoßen.
Zu diesem Prinzip – das im Grundgesetz durch die sogenannte Ewigkeitsklausel vor Abschaffung geschützt ist – passen weder Zwangsverrentung noch Hartz IV-Schikanen noch Studiengebühren. Und ob der Missbrauch des Verfassungsschutzes zu Wahlkampfzwecken von einem grundgesetzkonformen Demokratieverständnis zeugt, darf sehr wohl bezweifelt werden. Auch ist es nicht besonders rechtsstaatlich, Tornados bei Demonstrationen einzusetzen oder den Abschuss von Passagierflugzeugen zu erwägen.
Insofern ist die Frage wohl erlaubt, wer sich den Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit gefallen lassen muss: die Linke oder doch eher die Parteien, die mit solchen Gesetzen und Vorgehensweisen gegen die grundgesetzlichen Prinzipien der Demokratie, der Sozialstaatlichkeit und der Rechtsstaatlichkeit verstoßen. (jg)