Reichtum rückverteilen

Plädoyer für die Wiedererhebung der Vermögenssteuer mit progressivem Tarif

11.12.2020 / Rainald Ötsch und Axel Troost

Deutschland ist ein reiches Land. Laut der letzten Erhebung der Deutschen Bundesbank besaß ein privater deutscher Haushalt im Durchschnitt ein Nettovermögen von 233.000 Euro.1 Wohlgemerkt ist das ein Durchschnitt. Während bei vielen Familien zum Monatsende schon ein Restaurantbesuch die Kasse sprengt, sammeln andere Autos, teure Kunstwerke oder nennen ganze Straßenzüge ihr Eigen. Laut aktuellen Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) konzentrieren sich mit 62 Prozent fast zwei Drittel des deutschen Privatvermögens auf die reichsten zehn Prozent der Haushalte. Das reichste Prozent besitzt mit 35 Prozent mehr als ein Drittel des Vermögens, die reichsten 0,1 Prozent ein Fünftel.

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Auf Bundesebene haben sich die Parteien aktuell wie folgt positioniert:

  • CDU, CSU und FDP lehnen die Vermögensteuer klar ab.
  • Bündnis 90/Die Grünen hatten im Bundestagswahlkampf 2013 mit einer Vermögensabgabe geworben, mit der die Schulden aus der Finanzkrise abgetragen werden sollten. Nach dem Auslaufen der Abgabe sollte sie von einer Vermögensteuer abgelöst werden. Nach der Wahl führte die Diskussion um das relativ schlechte Abschneiden der Partei dazu, dass sie ihre steuerpolitischen Forderungen abschwächte. Das Bundestagswahlprogramm 2017 enthielt zwar noch eine Vermögensteuer (und keine Vermögensabgabe mehr), aber keine Aussagen zu ihrer Ausgestaltung.
  • Die LINKE fordert seit Jahren eine «Millionärsteuer» mit einem Steuersatz von fünf Prozent für Vermögen ab einer Million Euro. Für betriebsnotwendiges Vermögen soll ein Freibetrag von fünf Millionen Euro gelten. Im Bundestagswahlkampf 2017 gehörte die «Millionärsteuer» zu den zentralen Forderungen.
  • Das Wahlprogramm der SPD für die Bundestagswahl 2017 sah keine Vermögensteuer vor. Nach der Wahlschlappe von 2017 und dem Wechsel in der Parteiführung bemühte sich die Partei, ihr sozialdemokratisches Profil wieder zu schärfen. Der SPDParteitag im Dezember 2019 beschloss, Vermögen ab zwei Millionen Euro mit einem Steuersatz von einem Prozent, ab einer Milliarde Euro mit zwei Prozent zu besteuern.14 Damit orientiert sich die Partei am Steuerkonzept des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

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Die Vermögensteuer ist Teil der deutschen Finanzverfassung. Ihre Nichterhebung seit 1997 bedeutet eine Missachtung des Grundgesetzes. So werden diejenigen geschont, die sich höhere Steuern am ehesten leisten können. Die Vermögensteuer ist nicht nur aus Gründen der Gerechtigkeit, sondern auch aus steuersystematischen Gründen gerechtfertigt, denn Vermögen besitzt eine eigene Leistungsfähigkeit.

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Inhalt

  • Vermögen in Deutschland – Verteilung und Trends S.4
  • Die Vermögensteuer – Teil der deutschen Finanzverfassung S.5
  • Die Vermögensteuer im Verhältnis zu anderen vermögensbezogenen Steuern S.6
  • Der Vorschlag des DGB zur Vermögensteuer S.6
  • Vermögensbezogene Steuern im internationalen Vergleich S.7
  • Die Vermögensteuer im Verhältnis zur Einkommensteuer und zu anderen Ertragsteuern S.7
  • Vermögensteuer versus Erbschaftsteuer S.8
  • Vermögensteuer im Verhältnis zur Grundsteuer S.9
  • Vermögensteuer und Luxussteuern S.9
  • Vermögensteuer versus Vermögensabgabe S.9
  • Substanzbesteuerung durch die Vermögensteuer: systemwidrig oder gewollt? S.9
  • Belastungswirkungen der Vermögensteuer S.10
  • Tarif und Aufkommen einer progressiven Vermögensteuer S.11
  • Zusammenfassung S.14

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