Sozialpolitik mit Gutscheinen: Zielgerichtet und günstig
Von der Kinderbetreuung über die Hilfe zum Lebensunterhalt bis hin zu Pflegeleistungen: Viele staatliche Transferleistungen könnten über Gutscheinsysteme effizienter und effektiver eingesetzt werden als bisher. Dass sich Gutscheine auszahlen und sogar für die betriebliche Personalpolitik taugen, zeigt eine IW-Studie.*)
Wem zu Weihnachten oder zum Geburtstag partout kein passendes Präsent einfällt, der verschenkt einen Gutschein. Altbacken? Mitnichten: Geschenkgutscheine sind absolut en vogue – sie gehören heute zu den beliebtesten und zugleich auch häufigsten Geschenken der Deutschen.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Für den Beschenkten hat ein Gutschein ungleich mehr Charme als etwa ein doch recht unpersönlicher 50-Euro-Schein; und für den Schenker zählt vor allem, dass er zumindest mitbestimmen kann, wofür seine Gabe ausgegeben wird.
Auch Experten der Wirtschaftswissenschaften beschäftigen sich schon lange mit Gutscheinen, speziell in der Bildungsund Sozialpolitik. Aus gutem Grund, denn zweckgebundene Gutscheine bieten eine optimale Mischung aus staatlicher Lenkung und privater Wahlfreiheit. In Hamburg und Berlin zum Beispiel wird dieses Verfahren bereits erfolgreich praktiziert, und zwar bei der Kita-Finanzierung (vgl. iwd 32/2007).
Welche ökonomischen Effekte Gutscheinsysteme in der Bildungs- und Sozialpolitik sowie in der betrieblichen Personalpolitik nach sich ziehen, hat das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) nun in einer Studie zusammengetragen. Sie basiert auf den internationalen Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre und berücksichtigt vor allem folgende Wirkungsmechanismen:
Bürokratiekosten: Kurzfristig ist durch die Umstellung der bestehenden Transfersysteme auf Gutscheine mit hohen Einführungskosten zu rechnen. Mittel- bis langfristig ergeben sich allerdings deutliche Einspareffekte.
Qualität: Durch die Restrukturierung bei der Finanzierung und dem Angebot von Leistungen ist übergangsweise mit geringfügigen Qualitätseinbußen zu rechnen, die aber relativ schnell ausgeglichen werden.
Wahlfreiheit: Wird die Einführung von Gutscheinen von einer professionellen Informationspolitik flankiert, verbessern sich Auswahl und Vielfalt der Angebote. Gegebenenfalls ist auch eine entsprechende Infrastruktur vonnöten – denn wo zum Beispiel Busverbindungen fehlen, nützt die freie Wahl von KitaPlätzen oder Schulen gar nichts.
Effektivität: Gutscheinsysteme ermöglichen es dem Staat, einzelne Gruppen zielgenau zu fördern. Ob Sprachkurse, Kinderbetreuung oder Schulessen – Gutscheine erlauben eine exakte Differenzierung nach Bedürftigkeit sowie Höhe und Art der Leistungen. Gleichzeitig verhindern sie Mitnahmeeffekte und überflüssige Angebote.
Gesamtwirtschaftliche Effekte: Gutscheinsysteme können sich sogar positiv auf Beschäftigung und Wachstum auswirken – nicht zuletzt durch das Zurückdrängen der Schwarzarbeit. Denn während der Staat bei Direktzahlungen nie sicher sein kann, in welche Kanäle das Geld letztlich fließt, geben Gutscheine dem Missbrauch keine Chance: Kinder
tagesstätten zum Beispiel können die Gutscheine nur bei den Kommunen in bares Geld eintauschen.
Zählt man all diese Effekte zusammen, kann die Umstellung auf Gutscheinsysteme stattliche Reformdividenden erzielen (Tabelle):
In den Bereichen Kinderbetreuung, Pflegeleistungen, Behindertenhilfe und Grundsicherung lassen sich schätzungsweise bis zu 30 Prozent der jeweiligen Transfervolumina einsparen oder effizienter und effektiver einsetzen.
Gutscheinsysteme leisten aber nicht nur in der Bildungs- und Sozialpolitik wertvolle Dienste, sie haben sich auch als Instrument der betrieblichen Personalpolitik bewährt. Wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern zum Beispiel Betreuungsgutscheine für Pflege- oder KitaPlätze ausstellen, zahlt sich dies in Form einer stärkeren Personalbindung aus. Beliebt und erfolgreich sind auch Gutscheine für eine steuerbegünstigte Mittagsverpflegung bei einem Anbieter eigener Wahl: Erfahrungen zeigen, dass die Meal-Vouchers im Vergleich zu Alternativen wie dem Kantinenessen Effizienz- und Effektivitätsvorteile zwischen 3 und 11 Prozent erzielen.
_____________________-*) Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW): Gutscheine als Instrument einer effizienten und effektiven Sozialpolitik sowie betrieblichen Personalpolitik, Köln 2008. Download der pdfDatei unter: www.iwkoeln.de/Informationen, dort im Bereich Dokumente/IW-Veranstaltungen