Konzentration im Energiesektor

03.02.2008 / Ursula Schönberger, MdB Ulla Lötzer, FRaktion DIE LINKE.

"Vorwort

Ohne Entmachtung der Konzerne keine Energiewende! - ist das Fazit der vorliegenden Studie. Energiewende in mehrfacher Hinsicht: Zum einen gilt es allen Menschen einen Zugang zu Energie zu ermöglichen und zum zweiten dies auch effizient und klimaverträglich zu realisieren.

Tatsächlich fehlt vielen Familien heute auf Grund der Energiepreise der Zugang zu Energie, d.h. Familien müssen ohne Kühlschrank, ohne Herd, ohne Licht, erst Recht ohne Fernseher und Radio auskommen. Als mir dies von Vertretern der Sozialverbände berichtet wurde, konnte ich mir das kaum vorstellen. Und doch ist es die Realität einer Hartz IV Politik, wie auch einer Politik, die Hungerlöhne weiterhin zulässt.

Und es ist Ergebnis der Liberalisierung und Konzentration des Energiesektors, die von der Bundesregierung von Rot-Grün bis Schwarz-Rot massiv unterstützt und forciert wird. In der Diskussion um Sozialtarife erklärte der Vorsitzende des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft Werner Brinker im Morgenmagazin auf die Frage, ob sie angesichts explodierender Gewinne zur Einführung von Sozialtarifen bereit seien, das sei eine Sozialaufgabe. Sozialaufgaben seien Angelegenheiten des Staates und nicht der Privatwirtschaft. Dieser Aussage schloss sich in den folgenden Tagen auch Wirtschaftsminister Glos an.

Die Fraktion die LINKE. hat von Beginn an einen Sozialtarif gefordert. Wer die Gewinne aus der Energieproduktion erzielt, muss auch verpflichtet werden, sie für die Sicherstellung des Zugangs für alle einzusetzen. Dabei gibt es unterschiedliche Modelle, entweder ein kostenloses Grundkontingent für alle oder ein Sondertarif für Verbraucherinnen und Verbrauchern mit niedrigem Einkommen.
Aber natürlich gehen unsere Forderungen weit darüber hinaus. Die Auseinandersetzung um den Sozialtarif ist ja nur ein aktuelles Beispiel, dass „im Mittelpunkt der Energiekonzerne, wie auch der Energiewirtschaftspolitik eben nicht die optimale Nutzung, die Sicherung und Steigerung des Lebensstandards mit geringem Energieeinsatz, sondern die Förderung von mehr Energieverbrauch, Umsatzexpansion und Rentabilitätskalkül“ ist, wie Prof. Hennicke, Mitautor des Energiewendeszenarios des Öko-Instituts bereits 1985 formulierte. Bereits damals forderte er „nicht die öffentliche Energieversorgung gelte es zu privatisieren, sondern die seit Jahrzehnten faktische Privatisierung aufzudecken und zu reformieren.“

Das Gegenteil ist in der Wirtschaftspolitik erfolgt. Bis heute widersetzt sich die Bundesregierung auch den Forderungen insbesondere der EU-Wettbewerbskommissarin Kroes nach vertikaler Entflechtung. Zwischen Produktion und Verkauf von Strom und Gas auf der einen Seite und den überregionalen Übertragungsnetzen auf der anderen Seite wollte sie eine eigentumsrechtliche Entflechtung durchsetzen. Bundesregierung und FDP verweisen demgegenüber auf die Eigentumsfrage.

Dazu hat selbst die Deutsche Bank festgestellt, dass die Konzerne aufgrund der jahrelang erzielten Monopolrendite ihre Entschädigung schon erhalten hätten.
Wir haben die Forderung nach Entflechtung von Beginn an im Bundestag unterstützt. Allerdings verbunden mit der Position, die Netze in öffentliche Hand zu überführen. Netze sind ein natürliches Monopol. Nur in öffentlicher Hand wird die Möglichkeit verwehrt, die Verfügbarkeit der Energie-Infrastruktur der Renditeoptmierung unterzuordnen. Investitionen in Netze können so direkt energiepolitische Ziele, den Ausbau regenerativer Energien unterstützen.
Das gilt insbesondere auch gegenüber Hedge-Fonds, die angesichts der sicheren Renditeerwartung offensichtlich auf ein Eigentum an den Netzen spekulieren.
In der Studie werden dazu die verschiedenen Optionen dargestellt. Allerdings bleiben wir dabei nicht stehen, sondern stellen auch weitere Entflechtungsmöglichkeiten der großen Vier und verschiedenen Möglichkeiten der Rekommunalisierung zur Diskussion.
Bereits Mitte der 80er Jahre wurde eine heftige Debatte über Rekommunalisierung der Energieversorgung geführt, die allerdings Ende der 90er völlig zum Erliegen kam. Die Grünen, zuerst Protagonisten der Rekommunalisierung, haben in den Kommunen den Verkauf von Stadtwerken mit betrieben und in der Rot-Grünen Bundesregierung die Liberalisierung, Wettbewerb und Privatisierung auf ihre Fahnen geschrieben.

Inzwischen hat die Debatte über Rekommunalisierung in einigen Kommunen wieder Schwung bekommen. Der LINKEN. stellt sich die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für die Rekommunalisierung zu klären. Mit der Studie soll dazu ein Beitrag geleistet werden.

Welche Rolle spielen aber dabei die großen Vier und wie werden sie in ein Konzept der Rekommunalisierung einbezogen? Tatsache ist, dass sie zu großen Teilen in öffentlichem Eigentum sind. Beim RWE geht der kommunale Anteil zurück und ist inzwischen auf unter 25% gesunken. Ihr Mehrfachstimmrecht, das den Kommunen die Mehrheit im Aufsichtsrat des VEW und RWE sicherte, haben die Kommunen verkauft, nachdem sie in der Auseinandersetzung um den Ausstieg aus der Atomenergie vor der Drohung mit Schadensersatzansprüchen eingeknickt waren. Inzwischen freuen sie sich höchstens noch über die Einnahmen aus den Dividenden. Energiepolitik machen sie mit ihren Anteilen nicht.

Ohne eine Rückgewinnung öffentlicher Kontrolle, Transparenz und demokratischer Mitbestimmung in den großen Vier ist aus meiner Sicht eine Wende in der Energiepolitik nicht möglich. Deshalb schließt die Studie auch mit einer Darstellung verschiedener Auseinandersetzungen um die demokratische Kontrolle und Vergesellschaftung dieser Unternehmen."

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