LINKE streitet um Milliardenprojekt
Antragsentwurf für 50 Milliarden Euro Zukunftsinvestitionen: Ost-Finanzpolitiker warnen
Wenn Samstag in Berlin der Parteivorstand der LINKEN tagt, um den ersten gemeinsamen Parteitag vorzubereiten, wird es vermutlich nicht leise zugehen. Um ein vorgeschlagenes 50-Milliarden-Programm für Zukunftsinvestitionen gibt es Streit.
Wenn es ums liebe Geld geht, ist nicht nur im ganz normalen Leben oft dicke Luft angesagt. Auch in der Politik sorgt der Streit um Einnahmen und Ausgaben immer wieder für Zoff: zwischen den politischen Kontrahenten wie auch innerhalb der Parteien. Das ist in der LINKEN nicht anders, wie eine Kontroverse im Vorfeld des Cottbuser Parteitages Ende Mai belegt.
In einem von Ralf Krämer, Michael Schlecht und Axel Troost eingereichten Antragsentwurf wird die Forderung der LINKEN nach einem »Zukunftsinvestitionsprogramm in Höhe von zunächst jährlich 50 Milliarden Euro zusätzlicher Ausgaben« formuliert. Damit soll die »gesamtstaatliche Verantwortung für die Lebensbereiche Gesundheit, Bildung und Arbeit« wiederhergestellt und der ökologische Umbau einen großen Schritt vorangebracht werden. Zudem würden mit derlei Konjunkturprogramm über eine Million zusätzlicher sozialversicherungspflichtiger und tariflich bezahlter Arbeitsplätze geschaffen, heißt es im Entwurf der drei aus der WASG stammenden Politiker.
»Viele interessante Anregungen, Analysen und konzeptionelle Ideen« bescheinigen die finanzpolitischen Sprecher der fünf ostdeutschen Landtagsfraktionen sowie die für Finanzen zuständige Sprecherin der Bundestagsfraktion der LINKEN, Barbara Höll, dem »Zukunftskonzept« – und formulieren in einem dem ND vorliegenden Schreiben dennoch »grundsätzliche Kritik«. Sie machen die Verfasser nicht nur darauf aufmerksam, dass das Zukunftskonzept bereits im Herbst 2007 »auf erheblichen Widerspruch« gestoßen sei und man sich gewünscht hätte, dass geäußerte Bedenken »stärkeren Eingang« in die Überlegungen gefunden hätten. Vielmehr stehen nach Auffassung der Finanzexperten der LINKEN in Ost-Landtagen und Bundestag »für zusätzliche Ausgaben«, wie im Konzept vorgesehen, »schlichtweg keine Finanzmittel zur Verfügung«. Es wäre, so heißt es in dem Schreiben, »zutiefst unseriös und politisch zudem außerordentlich gefährlich«, wenn die LINKE zusätzliche neue Ausgaben beschließen würde, »ohne dass sie diese hinreichend konzeptionell mit zusätzlichen Einnahmen untersetzen kann«.
Ähnliche Sorge treibt Helmut Holter um. Der frühere PDS-Arbeitsminister von Mecklenburg-Vorpommern verweist in einer Stellungnahme zu besagtem Antragsentwurf auf die beachtlichen Erfolge, die die LINKE in der kurzen Zeit seit ihrer Gründung erzielt hat. »Die LINKE stört, sie mischt das tradierte Parteiengefüge auf, sie kritisiert und zeigt Alternativen auf«, schrieb Holter. Und weil alle anderen Parteien zum Feldzug gegen »diese linken Maulhelden« bliesen und alte Vorurteile reaktivierten, »sollten wir Gegnern und Konkurrenten nicht die Munition gegen uns liefern«, erklärte der Politiker aus dem Nordosten. »Gerade wir müssen nachweisen, dass nur ausgegeben werden kann, was durch die Gesellschaft erwirtschaftet wurde. Sonst bleibt an uns das Etikett der Umverteilungspartei kleben«, warnt Holter.
Der Bundesgeschäftsführer der LINKEN, selbst haushaltspolitischer Experte der Bundestagsfraktion, sieht diese Kontroverse, die das Führungsgremium seiner Partei am Wochenende beschäftigen wird, gelassen. Der Parteivorstand werde, so Dietmar Bartsch gegenüber ND, »das Thema planmäßig behandeln und einer vernünftigen Lösung zuführen«.