Milbradt macht den Biedenkopf
Sachsens Ministerpräsident erklärt Rücktritt / Opposition drängt auf Neuwahlen
Der wegen des Landesbank-Debakels unter Druck stehende sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) tritt zurück. Nachfolger soll Finanzminister Stanislaw Tillich werden.
Punkt zwölf Uhr trat Milbradt gestern vor die Presse und erklärte in einer knappen Stellungnahme, er wolle »16 Monate vor der nächsten Landtagswahl« die Ämter als Ministerpräsident und CDU-Vorsitzender an einen Nachfolger übergeben. Er schlug dafür den 49-jährigen Sorben Stanislaw Tillich vor, der momentan Finanzminister ist. Die Amtsübergabe ist CDU-Kreisen zufolge für Mai geplant.
Milbradt hatte wegen des Debakels um die Landesbank unter zunehmendem Druck gestanden. Sie war durch riskante Geschäfte am US-Immobilienmarkt in Schieflage geraten und konnte Ende 2007 nur per Notverkauf gerettet werden; das Land übernahm eine Bürgschaft von 2,75 Milliarden Euro. Am Wochenende hatte es Meldungen gegeben, wonach diese fällig wird. Milbradt, der sein Amt vor fast genau sechs Jahren von dem durch Affären gelähmten Kurt Biedenkopf übernahm, verteidigte gestern erneut den Verkauf, erklärte aber, es sei jetzt der »richtige Zeitpunkt« für einen »geordneten und harmonischen Übergang«.
Respekt wurde Milbradt aus der SPD gezollt, die zugleich ein Treue-bekenntnis zur Koalition ablegte. Man bleibe »ein stabiler Faktor in der Regierung«, erklärte Thomas Jurk, Milbradt-Vize und SPD-Chef, einen Tag vor Ablauf eines CDU-Ultimatums, in dem vorige Woche eine Koalitionskrise gipfelte. Dessen Urheber, der CDU-Fraktionsvorsitzende Fritz Hähle, trat gestern ebenfalls zurück; als Nachfolger ist der derzeitige Kultusminister Steffen Flath im Gespräch.
Die Opposition verlangt nach der Rücktritts-Ankündigung Neuwahlen. »Die Koalition hat ihre Legitimation verloren«, sagte der Fraktionschef der LINKEN, André Hahn, und appellierte an die SPD, deren »Siechtum« nicht zu verlängern. Sein FDP-Kollege Holger Zastrow erklärte, die Koalition habe »längst das Recht verwirkt, dieses Land zu regieren«. Dagegen forderte die grüne Fraktionschefin Antje Hermenau die Koalition zum »Neuanfang« auf.
Für die Bundes-CDU dankte Generalsekretär Ronald Pofalla Milbradt für seine »erfolgreiche Arbeit und sein nachhaltiges Wirken in Sachsen«. Er forderte zugleich die SPD zur Koalitionstreue auf. Deren Bundeschef Kurt Beck begrüßte den Rücktritt. Die Gründe dafür seien plausibel und sehr richtig, sagte er. Es gebe jetzt die Chance in Sachsen, unter »ruhigeren und vernünftigeren Bedingungen« in der Koalition weiterzuarbeiten. Dietmar Bartsch, Bundesgeschäftsführer der LINKEN, forderte wie seine sächsischen Parteikollegen Neuwahlen. »Wir brauchen eine neue Regierung in Sachsen unter Ausschluss der CDU.«