Neuer Gigant für Energie
Aktionäre bringen Fusion von Suez und Gaz de France auf den Weg
Die teilprivatisierte Energiegruppe Gaz de France (GDF) und die Finanzgruppe Suez fusionieren zu einem neuen Energiekonzern von internationaler Dimension. Die Aktionäre gaben auf Hauptversammlungen beider Konzerne am Mittwoch in Paris grünes Licht für den Zusammenschluss, der am 22. Juli vollzogen werden soll.
Wohl um den Aktionären ihre Entscheidung für die Fusion zu erleichtern, haben die beiden Konzernchefs Gérard Mestrallet (Suez) und Jean-François Cirelli (GDF) eine Sonderdividende von 0,80 Euro pro Aktie für den Herbst angekündigt. Präsident des neuen Energiekonzerns GDF Suez wird Mestrallet, Cirelli wird sein Vize. Heute erscheint im Staatsanzeiger das Dekret über die Privatisierung von Gaz de France, die damit rechtswirksam wird.
Noch 2004 hatte Nicolas Sarkozy als Wirtschafts- und Finanzminister vor dem Parlament geschworen, dass der Staat seinen Anteil bei GDF »nie unter 70 Prozent senken« werde. Bei dem neuen Energiekonzern hält er lediglich noch eine Sperrminorität von 35,6 Prozent. Die Fusion wurde 2005 mit dem Argument eingeleitet, nur so könne eine feindliche Übernahme von Suez durch den italienischen Konkurrenten Enel abgewehrt werden. Die weitgehende Privatisierung von GDF sei der Preis, der dafür zu zahlen sei. Angesichts massiven Widerstands der Gewerkschaften, der linken Parteien und auch vieler rechter Politiker warb Premierminister Dominique de Villepin seinerzeit vor dem Parlament für eine Fusion mit den Worten, es gehe um »Wirtschaftspatriotismus«.
Die einstige Finanzgesellschaft Suez, die sich durch Investitionen in der Industrie zum Mischkonzern entwickelt hat, und GDF ergänzen sich. Während GDF vor allem im Gasbereich arbeitet, ist Suez mit den fünf Atomkraftwerken der belgischen Electrabel-Gruppe und den Wasserkraftwerken der Compagnie du Rhône der fünfgrößte Stromkonzern in Europa. Die Umweltsparte, die auf den Gebieten der Wasseraufbereitung und Müllverwertung über starke Positionen verfügt, soll noch vor der Fusion abgespalten und an die Börse gebracht werden.
Mit einem Börsenwert von 90,5 Milliarden Euro wird GDF Suez unter den französischen Großkonzernen an dritter Stelle hinter Total und EDF stehen, aber noch vor dem Stahlriesen ArcelorMittal und dem Pharmakonzern Sanofi-Aventis. Mit seinem Umsatz von 75 Milliarden Euro lässt GDF Suez in Europa den teilprivatisierten französischen Stromkonzern EDF und die deutsche E.on hinter sich. Bei Flüssiggas ist GDF Suez sogar auf dem ersten Platz in Europa.
Der neue Energieriese will mittelfristig 20 Prozent des französischen Strommarktes beherrschen und dazu neben Kohle- und Gaskraftwerken auch neue Atomkraftwerke – möglichst vom Typ des Hochdruckreaktors EPR – errichten. Für den Zeitraum 2008-2010 sind Investitionen von 30 Milliarden Euro geplant.
Die stark auf den Auslandsmarkt orientierte Politik des neuen Großkonzerns bestärkt die Gewerkschaften in ihren Vorbehalten gegen diese Fusion, die von den GDF-Beschäftigten mehrheitlich nach wie vor abgelehnt wird. Wie die Linksparteien kritisieren die Gewerkschaften vor allem, dass bei der Bildung eines Energiekonzerns von internationalen Dimensionen die Verpflichtungen, die GDF als Teil des öffentlichen Dienstes innehat, den Profitinteressen geopfert werden. Die Verbraucher würden das schon bald zu spüren bekommen. Nachdem die Gastarife zu Jahresbeginn um zehn Prozent erhöht worden waren, ist mit Verweis auf den explodierenden Rohölpeis eine weitere zweistellige Erhöhung schon für kommenden Herbst angekündigt. Noch-GDF-Konzernchef Cirelli rechtfertigte dies mit den Worten: »Wir können doch nicht unsere Abnehmer subventionieren.«