DIE LINKE auf Infotour
Zum dritten Mal geht DIE LINKE auf Info-Tour. Unter dem Motto: »Gute Arbeit, gute Löhne, gute Rente« informiert sie in 26 Städten über ihre Konzepte zur Renten-Politik. Klaus Ernst, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, erklärt zum Start: »Rentenkürzungen betreffen nicht nur die heutigen Rentnerinnen und Rentner, die vom wirtschaftlichen Aufschwung abgekoppelt sind, sondern auch die Jüngeren, die von ihrem knappen Einkommen auch noch die private Vorsorge bezahlen sollen. Die Rente ist also ein generationenübergreifend wichtiges Thema.«
- Wo treffen Sie heute DIE LINKE.? - Terminliste
- Reader: Gute Arbeit, gute Löhne, gute Rente. (PDF)
- Antrag – Drucksache 16/9068:: Rente um 4 Prozent erhöhen - Dämpfungsfaktoren abschaffen
- Volker Schneider: Kommt endlich Bewegung in die Bemühungen um Rentenangleichung?
- Themane A - Z: Rente
Klaus Ernst im Interview:
DIE LINKE tourt durch Deutschland - für eine armutsfeste gesetzliche Rente
Die Bundestagsfraktion DIE LINKE wird ab 25. August durch die ganze Bundesrepublik mit einem Infomobil touren, einer Aktion, die sich thematisch besonders der Rente widmen wird. Warum halten Sie diesen Schwerpunkt für besonders wichtig?
Die gesetzliche Rente ist für die Mehrheit der Menschen existenziell: Durchschnittlich 85 Prozent des Alterseinkommens stammen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Wer die Rente kürzt, mindert auch die Zukunftschancen auf ein würdiges Leben im Alter. Das betrifft nicht nur die heutigen Rentnerinnen und Rentner, die durch mehrere Nullrunden und eine lächerlich geringe Rentenerhöhung von 1,1 Prozent in diesem Jahr vom wirtschaftlichen Aufschwung abgekoppelt sind. Das betrifft auch die Jüngeren, die von ihrem knappen Einkommen auch noch die private Vorsorge bezahlen sollen. Die Rente ist also ein generationenübergreifend wichtiges Thema.
Welche Auswirkungen der so genannten Rentenreform kritisieren Sie?
Die gesamte Rentenpolitik der letzten Jahre läuft darauf hinaus, die Arbeitgeber einseitig zu entlasten. Beispielsweise Kürzung von Erwerbsminderungs- und Witwenrenten, Dämpfungsfaktoren: alles, um die Beiträge der Arbeitgeber auf maximal 11 Prozent im Jahre 2030 zu begrenzen. Auch die Rente mit 67 ist nichts anderes als ein Rentenkürzungsprogramm: Nur wenige halten die Belastungen in der Arbeit bis zum 65. Lebensjahr aus. Rente erst ab 67 bedeutet hohe Abschläge bei früherem Renteneintritt. Durch die Dämpfungsfaktoren werden die heutigen Renten von der Lohnentwicklung abgekoppelt.
Viele Mittfünfziger - aber sogar jüngere Leute - sorgen sich um ihre Rente: Ein Thema, das sie früher nie berührte, weil die Rente als sicher galt. Welche Ursachen sehen Sie dafür, dass der Schalter umgelegt wurde und plötzlich die private Vorsorge des Einzelnen für das Alter von den unterschiedlichen Regierungskoalitionen gefordert wird?
Im Zentrum der neoliberalen Umgestaltung der Altersvorsorge steht wie bereits genannt die Entlastung der Arbeitgeber. Während deren Beiträge stabil bleiben sollen, sollen die Beschäftigten zusätzlich noch ihre private Vorsorge bezahlen. Wer seinen Lebensstandard im Alter sichern will, muss zu den 11 Prozent gesetzlichem Rentenbeitrag zusätzlich noch sechs Prozent privat draufzahlen – also insgesamt 17 Prozent im Gegensatz zu den 11 Prozent der Arbeitgeber: eine riesige gesellschaftliche Umverteilung zu Lasten der abhängig Beschäftigten.
Angesichts von rückläufiger Lohnentwicklung, Lohndumping und Hartz IV muss diese Forderung doch nur zynisch auf die Betroffenen wirken: Was bezwecken die bürgerlichen Parteien?
Durch den fast schon Zwang zur privaten Vorsorge und die milliardenschwere Förderung der Riester-Rente hat die Rentenpolitik der letzten Jahre eine Teilprivatisierung der Altersvorsorge eingeleitet. Für Versicherungskonzerne ein Milliardengeschäft, denn im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung werden bis zu 20 Prozent der Beiträge als Gewinne rausgezogen. Durch das sinkende Rentenniveau soll die Legitimation der gesamten gesetzlichen Rente in Frage gestellt werden – dagegen werden wir als LINKE mobilisieren und es zum Wahlkampfthema machen: keine private Vorsorge ist so stabil, sicher und gerecht wie die umlagefinanzierte gesetzliche Rente.
Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung der vorprogrammierten Altersarmut begegnen?
Die Bundesregierung stärkt den Anreiz zur privaten Vorsorge mit Riester-Förderungen. Die kommen vor allem den Versicherungskonzernen zu gute – für viele Geringverdiener ist die Riester-Rente jedoch Anlagebetrug. Ein besonders perfides Argument ist das Ziel, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, damit die Menschen – jetzt wo die Rente erst ab 67 beschlossen wurde – auch überhaupt so lange arbeiten können. Die Reihenfolge dieser vermeintlichen Maßnahmen ist schon bemerkenswert: das ist, als solle jemand vom 10-Meter-Brett springen und danach wolle man schauen, wie man das Wasser ins Schwimmbecken bringt.
Welche Alternativen schlägt DIE LINKE vor?
Der eine Hauptpunkt ist die Wiedereinführung der Lebensstandardsicherung: Die Menschen sollen nach vielen Jahren Beitragszahlung im Alter auf 70 Prozent ihres durchschnittlichen Einkommens kommen. Der zweite Hauptpunkt sind armutsfeste Renten. Dafür soll insbesondere Menschen mit niedrigen Löhnen sowie Zeiten von Ausbildung, Kindererziehung und Erwerbslosigkeit deutlich höhere Rentenansprüche erwerben als heute. Wir wollen also innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung die solidarischen Umverteilungselemente stärken, die insbesondere Frauen und Menschen mit niedrigem Einkommen zugute kommen. Der Rentenwert Ost muss an das West-Niveau angeglichen werden und die Rente erst ab 67 muss natürlich weg. Wir wollen flexible Übergänge ins Alter, z.B. mit einer Fortführung der geförderten Altersteilzeit.
Wie realistisch ist es, diese Forderungen auch umzusetzen, immerhin muss die Fraktion sich häufig den Vorwurf der Unbezahlbarkeit ihrer Vorschläge anhören?
Unsere Vorschläge sind sehr gut finanzierbar. Nach Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung Bund würde die Abschaffung der Rentenkürzungsfaktoren im Jahr 2030 zu einem Beitragssatz von 25,2 Prozent führen. Wir rechnen so: wenn zu den von der Bundesregierung im Jahr 2030 angestrebten 22 Prozent Beitrag noch 6 Prozent private Vorsorge hinzukommen, liegt der Gesamtbeitrag bei 28 Prozent. Paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert ergäben sich 14 Prozent Beitrag für die Arbeitnehmer. Das sind drei Prozent weniger, als die Arbeitnehmer mit privater Vorsorge nach den Plänen der Regierung zahlen müssten. Um die Finanzierungsbasis der gesetzlichen Rentenversicherung zu stärken, wollen wir zudem die Beitragsbemessungsgrenze schrittweise an- und aufheben sowie alle Erwerbstätigen einbeziehen. Um unsere Forderungen aber durchzusetzen, müssen wir unsere Initiativen und Vorstellungen zu den Menschen bringen – nur dann kann sich auch der notwendige Druck aus der Gesellschaft entwickeln. Genau dafür ist die Fraktionstour auch so wichtig.