Harter Tritt auf die Kostenbremse
VERLIERER DER FINANZKRISE - Nach der Übernahme der Dresdner durch die Commerzbank werden tausende Stellen gestrichen
Die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank hat den Bundesfinanzminister zu Lob veranlasst. Die Entscheidung sei zu begrüßen, freute sich Peer Steinbrück, die Elefantenhochzeit stärke den Finanzplatz Deutschland.
Tatsächlich sind die Umstände des fast zehn Milliarden Euro teuren Deals weit weniger erfreulich. Zwei Kredithäuser, die sich verspekuliert und kräftige Verluste gemacht haben, wurden zusammengelegt. Nun folgt ein harter Tritt auf die Kostenbremse, der vor allem zu Lasten der Mitarbeiter und Kunden geht. Auch die politischen Hintergründe sind pikant: Eine chinesische Staatsbank hatte ebenfalls Interesse bekundet und sogar deutlich mehr geboten. Die Gewerkschaften hätte es gefreut, wenn der Zuschlag an die Chinese Development Bank geht, die man am ehesten mit der deutschen KfW vergleichen köknnte. Doch ein Geschäft mit Peking wurde verhindert - ausgerechnet von denen, die sonst stets das hohe Lied der "Globalisierung" anstimmen. So feiert ein europäischer Standortnationalismus seine Triumphe. Gegen grenzüberschreitende Bankenfusionen ist demnach solange nichts einzuwenden, wie sie in der westlichen Familie bleiben. Jüngstes Beispiel: Im Juli erhielt der französische Crédit Mutuel den Zuschlag beim Kauf der Citigroup Deutschland.
Mit einer Bilanzsumme von 1,1 Billionen Euro, mit rund elf Millionen privaten und 100.000 Firmenkunden entsteht nach der Übernahme die zweitgrößte Bank in Deutschland. Die Konzentration und Zentralisation des Bankkapitals wird weiter voranschreiten - schon bald könnte die Deutsche Bank die Postbank übernehmen. Mit ihren 14 Millionen Privatkunden ist die nicht nur attraktiv. Sie steht auch schon seit längerem zum Verkauf, Steinbrück würde nur zu gerne Kasse machen.
Beim neuen Player auf dem Markt regiert jetzt erst einmal der Rotstift. Wer die Vorgeschichte kennt, weiß warum: Im Jahr 2001 hatte die Allianz die Dresdner für stolze 24 Milliarden Euro gekauft und damit einen Übernahmeversuch durch die Deutsche Bank zum Scheitern gebracht. Froh wurde der Versicherungskonzern mit seiner Neuerwerbung allerdings nicht. Die hatte im internationalen Spekulationsgeschäft mit strukturierten Finanzprodukten kräftig mitgemischt und ebenso kräftig verloren. Hauptverantwortlich dafür war die Investmenttochter Dresdener Kleinwort. Seit dem Beginn der Finanzkrise im Sommer 2007 fuhr man deshalb bereits drei Milliarden Euro an Verlusten ein, Wertberichtigungen wurden fällig. Allein im zweiten Quartal 2008 waren das mehr als 600 Millionen Euro, in den vergangenen Monaten sind neue Abschreibungen von 800 Millionen Euro aufgelaufen. Ein Ende ist noch nicht abzusehen.
Auf Teufel komm raus sollen deshalb jetzt Kosten gespart werden - bis 2011 insgesamt über zwei Milliarden Euro, das meiste davon im Investmentbereich. Von den insgesamt rund 67.000 Stellen in beiden Bankhäusern werden 9.000 Arbeitsplätze abgebaut. Vermutlich werden es am Ende sogar bis zu 10.000 sein - das sind 13 Prozent aller Stellen. Am stärksten wird es die Mitarbeiter in Deutschland treffen. Hier sind mindestens 6.500 Jobs bedroht, bis zu 700 der insgesamt fast 1.900 Filialen werden geschlossen.
Verständlich, dass die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Allianz geschlossen gegen den Verkauf gestimmt haben. Zwar wird wie üblich in solchen Fällen von einem "sozialverträglichen" Stellenabbau gesprochen. Die Erfahrung mit anderen Übernahmen aber hat gezeigt, was von solchen Versprechen zu halten ist. Da sich die Commerzbank nicht auf Kündigungsschutz oder Standortsicherung festlegen lassen wollte, werden nun die verlustträchtigen Sparten und Töchter der Dresdener wegsaniert, Filialen geschlossen und Abteilungen zusammengelegt. Absehbar ist auch die Flucht aus den Verlustgeschäften mit internationalen Finanzinvestitionen. Vor allem die in London sitzende Investmenttochter Dresdener Kleinwort wird bluten müssen. Mindestens 750 Millionen Euro sollen hier eingespart werden.
Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken brauchen sich vor dem neuen Finanzgiganten vorerst nicht zu fürchten - eitel Sonnenschein dürfte aber auch bei den beiden anderen Säulen des dreigliedrigen deutschen Finanzsystems nicht herrschen. Die Genossenschaftsbanken sind mit sich selbst beschäftigt, da auch hier Fusionen anstehen. Sparkassen und Landesbanken dominieren zwar weiter den deutschen Bankenmarkt. Nachdem sich aber die Landesbanken bei ihren Ausflügen in die Welt der internationalen Finanzmarktspekulation blutige Nasen geholt haben, ist mit der Kritik auch der politische Druck auf die öffentlichen Finanzhäuser gewachsen.
Als einziger echter Gewinner hat bisher nur der Versicherungskonzern Allianz wirklich Grund zur Freude - er ist mit der Dresdner Bank ein großes Problem losgeworden.
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