Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie: Die Stunde der Wahrheit rückt näher
Nach jahrelangem vergeblichem Tauziehen über die Neufassung der EU-Arbeitszeitrichtlinie hat der Rat der EU-Arbeits- und Sozialminister am 9. Juni 2008 eine politische Einigung erzielt. Das Europäische Parlament hat voraussichtlich bis Mitte Dezember 2008 Zeit, in zweiter Lesung eine Stellungnahme zur Position des Rates zu verabschieden. Die Gretchenfrage lautet nun: Wird das Europäische Parlament die beabsichtigte Deregulierung der Arbeitszeitrichtlinie verhindern - oder wird es wieder einknicken?
Vier Jahre vergingen nach der Veröffentlichung des Vorschlags der Europäischen Kommission zur Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie (Mai 2004), ohne dass die EU-Arbeitsminister eine Gesamteinigung erzielen konnten. Der Hauptstreitpunkt: soll man das so genannte Opt-out beibehalten oder abschaffen? Das Europäische Parlament hatte in seiner ersten Lesung zur Neufassung der Richtlinie verlangt, dass das Opt-out nach einer Übergangszeit von vier Jahren gänzlich abzuschaffen sei. Auch im Rat der EU-Arbeits- und Sozialminister forderte eine Sperrminorität um Spanien, Italien, Frankreich, Belgien, Griechenland und Zypern, das Opt out auslaufen zu lassen.
Die britische New Labour Regierung und die Große Koalition in Deutschland führten hingegen das Lager der Hardliner im Rat an, welche das Opt-out mit Zähnen und Klauen verteidigte. Weil die Mehrheit im Rat sich nicht auf ein Auslaufen des Opt-outs festlegen wollte, blockierte die Minderheit über Jahre eine Gesamteinigung.
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Was ist das Opt-out?
Das Opt-out erlaubt ein allgemeines Ausscheren aus der Kernnorm der EU-Arbeitzeitrichtlinie –
der Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 48 Stunden.
Zwei Optionen sieht die Richtlinie hierfür vor:
- das "individuelle Opt-out": ein Arbeitnehmer kann durch eine "freiwillige" schriftliche Versicherung gegenüber dem Arbeitgeber erklären, dass er oder sie auf den Schutz durch die EU-Richtlinie (maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden) verzichtet und bereit ist, eine Arbeit zu den davon abweichenden Bedingungen des Arbeitgebers auszuführen.
- das Opt-out per Tarifvertrag oder Branchenvereinbarung. Das individuelle Opt-out wird vor allem in Großbritannien und Malta flächendeckend und branchenübergreifend genutzt. Luxemburg hat ein branchenbezogenes Opt-out für das Hotel- und Gaststättengewerbe. In Deutschland gibt es ein Opt-out per Tarifvertrag für Krankenhäuser, Pflege- und Rettungsdienste. Daneben wird aber auch das individuelle Opt-out genutzt, vor allem bei der Feuerwehr.
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