Wer schützt uns vorm BKA?
Mehr Macht für eine Behörde, die sich auch neben Gesetze stellt
Heute soll das Parlament einem Gesetz zustimmen, das dem Bundeskriminalamt viel Macht gibt und vielen Menschen Angst macht. Manche warnen vor einem neuen Super-Geheimdienst und planmäßigem Demokratieabbau.
Ab heute hat das Bundeskriminalamt (BKA) nach Wiesbaden zur traditionellen Herbsttagung eingeladen. Diesmal geht es um das Thema Wirtschaftskriminalität und Globalisierung. Die Aktualität ist evident. Doch der Beitrag, den das BKA zur Verhinderung von Finanzkrisen leisten kann, ist verschwindend gering. Wie hoch der Anteil der Behörde beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus ist, kann man nicht einmal ahnen. Doch wer ein wenig ins Innenleben des Behörde schaut, die derzeit über rund 5500 Beamte und Angestellte sowie über einen Jahresetat von 362 Millionen Euro gebietet, dem schwant so einiges.
Die Skandale begannen schon in den Gründungstagen 1946 als Kriminalpolizeiamt für die Britische Zone. Zahlreiche leitende Beamte gehörten vor 1945 der SS und dem von Heydrich aufgebauten Reichssicherheitshauptamt und der Gestapo an. 48 Beamte des Reichskriminalpolizeiamtes kamen problemlos in der neuen Polizeibehörde, die sich bald über das ganze Bundesgebiet erstreckte, unter. Auch Ende der 50er Jahre waren fast alle BKA-Leitungspositionen mit ehemaligen Nazis besetzt. Sie kooperierten bestens mit den alten Parteigenossen in der Justiz. Erst Ende der 70er gingen die letzten in Pension, die ihnen keiner streitig machte.
Der Einwand, die »ewigen Polizisten« hätten ja als BKA-Beamte unter einer demokratischen Kontrolle gestanden, ist scheinheilig. Abgeschottet, wie die Behörde ist, drangen zwar nur selten Gerüchte aus den Wiesbadener und Meckenheimer Büros. Doch man erfuhr von permanenten Gesetzesverletzungen und -übertretungen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der aufmüpfige Ex-BKA-Hauptkommissar und heutige Hartz-IV-Empfänger Michael von Wedel (»Die Abrechnung«, Herbig-Verlag) gehörig viel Frust in sich trägt, ob des Umgangs seiner Behörde mit ihm – unterm Strich bleiben zahllose von der Führung des Hauses gewollte und gedeckte Verfehlungen. Die beginnen beim Organisieren von »Rauschmittel-Wunschtransporten« und enden keineswegs bei illegalen Einsätzen gegen vermutete islamistische Terroristen.
Bisweilen kommt man zu der Einschätzung, dass die BKA-Leute im Ausland wesentlich umtriebiger sind als ihre Kollegen vom Bundesnachrichtendienst. Mehr als Gerüchte weiß man über Einsätze eines Ersten Hauptkommissars, der sich in Libanon und anderen Nahost-Staaten – aber auch in Japan – so engagierte, dass man ihn hierzulande zeitweise sogar für den CIA-Agenten »Sam« hielt, der von den USA Gekidnappte in Geheimgefängnissen verhörte. In denen das BKA bisweilen nachschaute, ob es da nicht die eine oder andere Information zu holen gibt.
Das neue Gesetz, so ist schon bei einer kurzen Draufsicht klar, wird dem Amt auch fast 60 Jahre nach seiner Gründung keine demokratischen Fesseln anlegen.