BKA-Gesetz: Unter Verdacht: Alle!
Bundestagsmehrheit ignorierte Bedenken und ließ BKA-Gesetz passieren
Der Bundestag verabschiedete am Mittwoch in namentlicher Abstimmung ein im Vorfeld heftig umstrittenes Gesetz zur Arbeit des Bundeskriminalamtes (BKA). Regierung und Regierungsfraktionen halten es für notwendig, um die Abwehr des internationalen Terrorismus zu gewährleisten.
Irgend etwas kann da nicht stimmen, mutmaßte der junge Mann, der gestern mit Gleichgesinnten vor dem Bundestag gegen das BKA-Gesetz demonstrierte. Auf der einen Seite brüsten sich die Innenbehörden von Bund und Ländern, dass sie in den vergangenen sieben Jahren schon ein gutes Dutzend Terroranschläge in Deutschland verhindert haben. Andererseits verlangen sie neue Kompetenzen, die die verfassungsmäßigen Grundrechte aller Bürger massiv begrenzen. Ricardo Cristof Remmert-Fontes von der Initiative »Freiheit statt Angst« hat zahlreiche Einwände gegen das Gesetz. Die zum Teil auch von Abgeordneten der Links- und der Grünenfraktion geteilt werden. Diese drei Gruppen standen gestern vor Beginn der abschließenden Plenardebatte über das BKA-Gesetz mit Transparenten und Flyern vor dem Reichstag.
Dabei ging es nicht nur um die medial umfangreich dargestellte Möglichkeit zur Online-Computer-Durchsuchung. Kritisiert wurde beispielsweise, dass das BKA künftig nicht mehr an Weisungen des Generalbundesanwaltes gebunden und folglich ihm auch nicht mehr rechenschaftspflichtig ist. Massiv eingeschränkt wird das Zeugnisverweigerungsrecht von Ärzten, Journalisten und Rechtsbeiständen. Die Befugnisse des künftigen deutschen Super-FBI gehen so weit, dass man auch zufällige Kontaktpersonen von Verdächtigen in jeder nur denkbaren Weise bespitzeln kann. »Ab heute ist möglicherweise sogar meine Oma verdächtig, nur weil ich dem BKA im Wege stehe«, meint Remmert-Fontes. Er ärgert sich über das mangelnde Rückgrat vieler Koalitionsabgeordneter. Die weigerten sich »schlichtweg zur Kenntnis zu nehmen, dass bei der Anhörung zum BKA-Gesetzesentwurf im Innenausschuss vier von fünf Sachverständigen zum Teil schwer wiegende Bedenken gegen das Koalitionspapier geäußert haben«.
Im Plenarsaal des Parlaments, der zur Debatte nur mäßig besetzt war, wurde die Zweiteilung der Ansichten deutlich. Wie Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellten sich Unions- wie SPD-Abgeordnete hinter das Gesetz. Die FDP lehnte es ab, weil man »so nicht mit der Verfassung umgehen kann«, meinte Gisela Piltz. Ihr Fraktionskollege Max Stadler ist überzeugt, »dass unser Rechtsstaat stark genug ist, die terroristische Gefahr abzuwehren, auch ohne neues Gesetz. Das sei »ein weiterer Schritt in einen ausufernden Präventionsstaat«.
Harsche Kritik an dem Gesetz kam von den LINKEN. Für Ulla Jelpke atmet das Gesetz den »Geist des Obrigkeitsstaates« und beinhaltet eine »Lizenz zur Willkür«. Ihr Kollege Jan Korte sprach von einer »sicherheitspolitischen Vereinigung von Geheimdiensten und Polizei«. Das neue BKA-Gesetz sei »ein endgültiger Dammbruch bei den Grund- und Freiheitsrechten«. Er bedankte sich »bei allen, die auf der Straße und im Parlament gegen Online-Durchsuchung und BKA-Gesetz aufgestanden sind«.
Wolfgang Wieland von den Grünen sieht zwar nicht, dass ab heute Männer mit grauen Mänteln im Frühnebel an Haustüren klingeln. Eher sei das Gegenteil der Fall. Es entstehe etwas ganz Neues: Ermittlung geschehe nun noch mehr im Geheimen. Mit dem Gesetz entstehe eine »Monsterbehörde«, die parlamentarisch nicht kontrollierbar sei.
Mehrere Redner der Opposition kündigten an, dass das BKA-Gesetz mit Sicherheit auf das Richterwort in Karlsruhe treffen wird.