Steuersenkung: Konjunktur stützen – aber sozial gerecht!
Wenn Friedrich Merz die Konjunktur stützen will ist Vorsicht angebracht! Der rechte CDU/CSU-Wirtschaftsflügel schreit nach sofortigen Steuersenkungen und seine Vertreter Merz, Michael Glos und Laurenz Meyer behaupten, das diene allein der Konjunktur.
Konjunkturprogramme sind aber linke Politik! Sie sollen zusätzliche Nachfrage im Inland und Aufträge an Unternehmen schaffen und damit Arbeitsplätze sichern. Im Gegensatz zur Linken glauben die Neoliberalen eigentlich, dass staatliche Eingriffe nichts bewirken, dass die Schaffung zusätzlicher Nachfrage nicht funktioniert und dass allenfalls „strukturelle Hindernisse“ den freien Markt am Funktionieren hindern. Sind Merz & Co. also auf einmal nach links gerückt? Eher nicht!
Den CDU-Rechten geht es nicht um Konjunkturstützung. Sie wittern angesichts der Krise vor allem die Chance, weitere Steuergeschenke an Reiche und Konzerne zu verteilen. Bundeswirtschaftsminister Glos hat bereits betont, dass er kurzfristige, zeitlich befristete Maßnahmen ablehnt – obwohl gerade solche Maßnahmen konjunkturstützend wirken. Stattdessen geht es ihm um „strukturelle Entlastungen“. Allgemeine Steuersenkungen bringen in der Krise aber nichts. Denn sie entlasten Großverdiener ungleich stärker, während Geringverdienende, viele Rentner und Rentnerinnen sowie Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger, die praktisch keine Steuern zahlen kaum etwas davon spüren.
Angesichts der Wirtschaftskrise brauchen wir sofort ein schlagkräftiges und wirksames Konjunkturprogramm. Das heißt: Um der wegbrechenden Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu begegnen, muss neue Nachfrage geschaffen werden. Das beste Mittel ist eine Ausweitung der staatlichen Nachfrage und eine zielgenaue Stärkung von unteren und mittleren Einkommen. Denn gerade Geringverdienerinnen und –verdiener geben einen Großteil ihres Einkommens sofort wieder aus. Menschen mit Spitzeneinkommen würden zusätzliches Geld aus Steuersenkungen eher auf die Hohe Kante legen, als zu konsumieren – der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und der Konjunktur wäre damit nicht gedient.
DIE LINKE. fordert zur sofortigen Stützung der Konjunktur:
- Zusätzliche staatliche Ausgaben und Investitionen in Höhe von 30-50 Milliarden Euro jährlich. Mit sofortigen Investitionen in Universitäten, Infrastrukturmaßnahmen und Umweltschutz werden nicht nur sofort Aufträge an Unternehmen generiert und Arbeitsplätze gesichert. Auch langfristig stärken diese Investitionen die Gesellschaft und bringen einen sozial-ökologischen Fortschritt voran.
- Die sofortige Erhöhung des Hartz IV- Regelsatzes auf 435 Euro. Damit hätten diejenigen mehr in der Tasche, die sich heute noch nicht einmal das Nötigste leisten können. Die Erhöhung wäre direkt nachfragewirksam.
- Die sofortige Einführung eines Mindestlohns in Höhe von 8,71 Euro. Damit würden geringe Einkommen mit vergleichsweise geringer Sparquote erhöht und die Konsumnachfrage gestärkt. Zusammen mit anderen sozialpolitischen Maßnahmen würde das außerdem den Druck auf die Löhne mindern und so auch bei Normalverdienern langfristig für mehr Brutto und mehr Netto im Geldbeutel sorgen.
- Die Wiederherstellung der alten Rentenformel einschließlich der Nachzahlung der durch Riester- und andere Dämpfungsfaktoren vorenthaltenen Rentenerhöhungen. Rentnerinnen und Rentner haben nicht selten ein geringes Einkommen, Rentenerhöhungen würden sofort nachfragewirksam.
- Die Wiedereinführung der degressiven steuerlichen Abschreibung begrüßen wir. Diese müsste allerdings wesentlich konjunkturwirksamer ausgestaltet werden, um schnell die Investitionstätigkeit zu beleben.
Allerdings will DIE LINKE die Besteuerung nach dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz (7 Prozent) auf solche Produkte und Dienstleistungen ausweiten, die lebensnotwendig sind (apothekenpflichtige Arzneimittel) und zielgenau wirken (Kinder, arbeitsintensive Dienstleistungen im Handwerk). Die Ermäßigung auf Produkte und Dienstleistungen für Kinder (z.B. Kinderbekleidung, Spielsachen) stellt vor allem für Empfängerinnen und Empfänger von Transferleistungen und Alleinerziehende eine spürbare Entlastung da. Sie ist zugleich eine von mehreren Maßnahmen gegen die wachsende Kinderarmut. Die Senkung des Umsatzsteuersatzes auf 7 Prozent für apothekenpflichtige Arzneimittel entlastet Bürgerinnen und Bürger sowie Krankenkassen. Die ermäßigte Besteuerung von arbeitsintensiven Handwerksdienstleistungen folgt auch einer ökologischen Zielsetzung im Sinne einer Abkehr von der Wegwerfgesellschaft, indem die Reparatur von defekten Geräten begünstigt wird.
Von den kurzfristigen Konjunktur stützenden Maßnahmen abgesehen, fordert DIE LINKE. dringend nötige Reformen für mehr Steuergerechtigkeit. Die Rot-Grüne und die Schwarz-Rote Bundesregierung verabschiedeten Steuerreformen, die die Steuerbelastung der Durchschnittsverdienerinnen und -verdiener ansteigen, die der Besserverdienenden hingegen abnehmen ließen. Das hat die seit Jahren wachsende gesellschaftliche Ungleichheit in der Einkommens- und Vermögensverteilung verschärft und zu katastrophalen sozialen Verwerfungen geführt.
Unsere steuerpolitischen Forderungen beinhalten daher die gezielte
Entlastung der unteren und mittleren Einkommen bei gleichzeitiger
Belastung der Reichen und Vermögenden. Steuerentlastungen sehen wir wie
folgt vor:
Einkommensteuer:
- Anhebung des Grundfreibetrags sowie die Begradigung des Tarifverlaufs in der Einkommensteuer
- Sofortige Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale
- Anhebung des Kindergelds auf 200 Euro, mittelfristig auf 250 Euro
Eine allgemeine Steuersenkung, wie sie der CDU/CSU-Wirtschaftsflügel im Auge hat, wäre hingegen nicht nur sozial ungerecht, weil sie vor allem Wohlhabende weiter entlasten würde. Sie wäre auch eine Fortführung der Politik, die maßgeblich zur Finanzkrise beigetragen hat: Viele reiche Haushalte und profitable Unternehmen haben schließlich ihre zusätzlichen Einnahmen auf der Suche nach kurzfristigen Renditemöglichkeiten in die Spekulation mit windigen Finanzmarktinstrumenten gesteckt und so erst das Anschwellen der Finanzmärkte ermöglicht.
Nur eine grundlegende Neuordnung der Wirtschafts- und Sozialpolitik mit
einer Umverteilung von Reichtum kann die Ursachen der Finanzkrise
überwinden. Steuersenkungen dürfen nicht dazu führen, dass die
Profiteuere von maßloser Spekulation und überhöhten Gewinnansprüchen
billig davonkommen.
Wohlhabende und Unternehmen müssen stärker zur Finanzierung des
Gemeinwesens herangezogen werden. Eine allgemeine Senkung der Steuern
ist aber nach der Krise politisch kaum rückgängig zu machen. Die
öffentlichen Kassen würden dadurch langfristig weiter ausgeblutet –
Bildungsausgaben müssten weiter gekürzt werden, Sozialabbau würde unter
dem Vorwand des Sparzwangs weitergetrieben. Die in Deutschland
stagnierende Binnennachfrage würde durch staatliches Sparen dann weiter
gedrückt und die Konjunktur wohl langfristig lahmgelegt. Trotzdem stand
eine solche staatliche Ausgaben-Kürzung auf dem zurückliegenden
CDU-Parteitag bereits auf dem Programm: »Wer die Steuern senken will,
der muss auch über Ausgaben sprechen«, drohte dort kein geringerer als
Friedrich Merz.