Arbeitslosenversicherung: Warum sind Sie gegen eine Beitragssenkung, Herr Troost?
NACHGEFRAGT
Die große Koalition wird zum Januar 2009 die Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung senken. Warum sind Sie dagegen?
Wir stehen unmittelbar vor der größten Rezession in der Geschichte der
Bundesrepublik und werden 2009 einen deutlichen Anstieg der
Arbeitslosigkeit haben. Die Beiträge werden gebraucht, sonst wird es im
kommenden Jahr mit der Begründung, wir hätten nicht genug Geld, zu
einer weiteren Kürzung der aktiven Arbeitsmarktpolitik kommen, das
halte ich für völlig verfehlt.
Sie plädieren doch an anderer Stelle dafür, dass die Bürger mehr in
der Tasche haben, weil dadurch die Binnennachfrage angekurbelt wird.
Wäre das nicht genau hier der Fall?
Wir plädieren in der Tat für eine Stärkung der
Massenkaufkraft, dafür ist es aber sinnvoller, steuerfinanziert sofort
eine deutliche Anhebung des Arbeitslosengeldes II von derzeit 351 auf
435 Euro vorzunehmen. Dieser Schritt ist nicht nur sozialpolitisch
endlich notwendig, er wäre auch konjunkturell unmittelbar wirksam, denn
das Geld würde in vollem Umfang in den Konsum fließen - das wäre bei
einer allgemeinen Einkommensteuersenkung oder auch der Auszahlung von
Steuerschecks an die Bürgerinnen und Bürger nicht unbedingt der Fall.
Andererseits würde man doch dieselben Beitragszahler, die ab Januar
durch erhöhte Kassenbeiträge belastet sind, bei der
Arbeitslosenversicherung wieder entlasten?
Es trifft nicht unbedingt die gleichen: Die Rentnerinnen und
Rentner, und alle diejenigen, die keine Einkommen beziehen, profitieren
nämlich nicht von einer Beitragssatzsenkung der
Arbeitslosenversicherung, sind aber mehrheitlich durchaus von einem
erhöhten Kassenbeitrag betroffen.
Die Bundesregierung spricht von einem 32-Milliarden-Programm für die Konjunktur. Reicht das?
Die Bundesregierung behauptet, dass ihr Programm eine solche
Dimension erreicht, aber selbst der Sachverständigenrat kommt zu dem
Ergebnis, dass es sich um ein völlig unzureichendes Programm handelt,
das maximal vier bis sechs Milliarden Euro umfasst. Dieses Programm ist
angesichts der Krise lächerlich, es muss mindestens verfünffacht
werden. Der DGB sagt zwischen 48 und 73 Milliarden seien notwendig, die
Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik spricht sogar von 110
Milliarden. Die Linke fordert mindestens 50 Milliarden. Darunter geht
es nicht.
Das Gespräch führte Connie Uschtrin
Axel Troost ist finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke.