Werner Dreibus: Der gesetzliche Mindestlohn für alle ist ohne Alternative
Der Deutsche Bundestag hat am 22. Januar 2009 die Einführung von Mindestlöhnen in sechs Branchen beschlossen. Das schützt die rund 900.000 Beschäftigten in diesen Branchen vor Dumpinglöhnen.
Allerdings arbeiten in Deutschland mehr als sechs Millionen Menschen zu
Niedriglöhnen. Sie verdienen in Vollzeitarbeit weniger als drei Viertel
des durchschnittlichen Bruttoeinkommens. Das ist ein Viertel aller
abhängig Beschäftigten, Tendenz steigend. Von diesen sechs Millionen
Menschen verdienen fast 4 Millionen weniger als die Hälfte des
Durchschnittslohns, also weniger als 1.470 Euro im Monat. Das sind
Stundenlöhne von drei, vier oder fünf Euro im Monat. Besonders viele
Frauen erhalten solche Armutslöhne.
Ein Leben in Würde ist so nicht möglich. Deshalb muss
Niedriglohnbeschäftigung abgeschafft werden. Mit Mindestlöhnen für ein
paar wenige Branchen ist es nicht getan. Wir brauchen in Deutschland
einen gesetzlichen Mindestlohn für alle Beschäftigten. Bei unseren
europäischen Nachbarn ist das selbstverständlich, nur Deutschland hinkt
hinterher. In Frankreich zum Beispiel liegt der Mindestlohn derzeit bei
8,71 Euro brutto die Stunde. Dass muss auch in Deutschland möglich sein.
CDU/CSU und SPD missachten in ihren Gesetzen über Branchenmindestlöhne
eine Lohnuntergrenze, die der Gesetzgeber faktisch längst festgelegt
hat: die Pfändungsfreigrenze. Diese liegt derzeit bei rund 1.000 Euro
netto. Die Pfändungsfreigrenze besagt, dass einem verschuldeten
alleinstehenden Arbeitnehmer oder einer verschuldeten alleinstehenden
Arbeitnehmerin ein Einkommen mindestens in dieser Höhe zusteht und
nicht gepfändet werden darf. Denn weniger als 1.000 Euro reichen nicht
zum Leben. 1.000 Euro netto entspricht einem Lohn von deutlich über 8
Euro brutto die Stunde (bei einer Vollzeitarbeit mit 38,5 Stunden pro
Woche). Was verschuldeten Beschäftigten zum Leben zugestanden wird,
muss auch für unverschuldete Beschäftigte gelten.
Drei
Viertel der Bundesbürger befürwortet den gesetzlichen Mindestlohn. Auch
im Bundestag gibt es dafür eine Mehrheit. DIE LINKE fordert den
Mindestlohn seit 2005 und hat dazu sehr konkrete Vorschläge
unterbreitet. Das wurde damals noch von den Grünen und der SPD
zurückgewiesen. Heute fordern beide den gesetzlichen Mindestlohn. Aber
die SPD stimmt im Bundestag regelmäßig dagegen. Sie will lieber in der
Regierung bleiben als die Not von Millionen Menschen zu lindern, die
trotzt Arbeit arm sind.
Mindestlöhne für einzelne Branchen
können immer nur eine Ergänzung zu einem allgemein gültigen Mindestlohn
sein. Voraussetzung ist natürlich, dass sie höher als der gesetzliche
Mindestlohn sind. Branchenmindestlöhne allein produzieren einen
unübersichtlichen Flickenteppich, bei dem weiße Flecken nicht
ausgeschlossen sind. Außerdem ist nicht garantiert, dass
Branchenmindestlöhne eine Existenz sichernde Höhe erreichen. Niemandem
ist geholfen, wenn Löhne von 4,50 zu Mindestlöhnen erklärt werden. Das
ist Etikettenschwindel und sonst nichts.
DIE LINKE akzeptiert
auch nicht, dass für West- und Ostdeutschland unterschiedliche
Mindestlöhne gelten sollen, wie es die Bundesregierung jetzt für einige
Branchen beschlossen hat. Das Leben in den ostdeutschen Bundesländern
ist genauso teuer wie im Westen. Also müssen auch die gleichen
Mindestlöhne gelten.
Die Bundesregierung hat angekündigt,
auch für die Zeitarbeitsbranche einen Mindestlohn festzulegen. Aber das
ist nicht der richtige Weg. Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter werden
in vielen Branchen eingesetzt, in denen sehr unterschiedliche Löhne
gezahlt werden. Es kommt deshalb darauf an, die Leiharbeiter ihren
Kolleginnen und Kollegen in den Entleihbetrieben gleichzustellen.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist das Ziel. Dafür setzt sich DIE
LINKE ein. Die gesetzliche Möglichkeit, durch Tarifverträge dieses
Prinzip in der Zeitarbeit zu umgehen, gehört abgeschafft.