Managergehälter kaum gebändigt: Nach dem Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung ist vor dem Gesetz
Die Empörung über die Super-Managergehälter ist nicht nur in der jüngsten Krise, in der Lohn- und Jobverluste an der Tagesordnung sind, groß. Deren krampfhafte Rechtfertigung mit dem Prinzip leistungsorientierter Entlohnung löst nur noch Spott und Hohn aus. Wie soll schließlich erklärt werden, dass im Entlohnungsgefüge einige Spitzenmanager in börsennotierten DAX-Unternehmen in Deutschland das 40fache des durchschnittlichen Arbeitseinkommens eines Vollzeitbeschäftigten zugeschanzt bekommen? Oder sollte jemand ernsthaft nachweisen können, dass ein Bankenboss gegenüber der Bankfachfrau in der Kreditabteilung das 40fache leistet? Es gibt keine ernstzunehmende marktwirtschaftliche Theorie, mit der dieses weit über den Beitrag zur ökonomischen Wertschöpfung hinausgehende Extrasalär legitimiert werden kann. Vielmehr handelt es sich um ein Gemisch aus Macht, Hierarchie und Dschungelökonomie, aber auch Gier einer sich selbst rechtfertigen Kaste. Da lassen sich viele Manager in börsennotierten Aktiengesellschaften noch für die Kursexplosion infolge eines Arbeitsplatzabbaus zusätzlich entlohnen. Auch beim Gewinnrückgang gibt es wenige Manager, deren Vergütung nicht munter weiter steigt. Darüber hinaus hat sich in einer verschworenen Interessengemeinschaft von Vorständen, Aufsichtsräten und den Großaktionären, die auf der Hauptversammlung das Sagen haben, ein unternehmenspolitisch kontraproduktives Bonussystem durchsetzen lassen. Im Zentrum der über die fixe Gehaltszahlung hinausgehenden Bonuszahlungen steht nicht die Ausrichtung an der mittelfristigen Stärkung des Unternehmens, sondern eine extrem kurzfristig ausgerichtete Beteiligung an steigenden Kurswerten und Renditen.
Wie lässt sich diese unternehmensschädliche Megaprivilegierung der Bosse in Aktiengesellschaften vermeiden? Moralische Appelle in Richtung einer Selbstbeschränkung verhallen. Hier ist Politik mit zielführenden Regelungen verlangt. Insoweit verdient das kurz vor Ende der Legislaturperiode verabschiedete „Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung“ Anerkennung. Allerdings sind noch viel zu viele Kompromisse unter dem Druck der Wirtschaftslobby eingegangen worden. Vor allem ist ein grundlegender Mentalitätswechsel im Zusammenspiel zwischen dem Vorstand und einem eigenständig handlungsfähigen Aufsichtsrat (AR) nicht absehbar.
Immerhin, endlich müssen nach dem neuen Gesetz alle Aufsichtsräte für die Höhe und Struktur der Managergehälter die Verantwortung übernehmen und für diese haften. Die vordemokratische Auslagerung in einen gegenüber dem AR abgeschotteten Personalausschuss gehört der Vergangenheit an. Auch ist eine Haftung von Aufsichtsräten im Fall einer unangemessenen, sprich zu hohen Vorstandsentlohnung verankert worden. Allerdings fällt der Eigenbeitrag über einen Abzug vom festen Anteil an der AR-Tantieme im Falle unternehmensschädlicher Entscheidungen viel zu schwach aus.
Abgesehen von diesen Regulierungen in die richtig Richtung beantwortet das Gesetz die alles entscheidende Frage nach der Angemessenheit von Managergehältern im Vergleich zum gesamtunternehmerischen Entlohnungsgefüge viel zu schwammig. Das gilt auch für die erstmals gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, im Falle der Verschlechterung der Unternehmensdaten nachträglich durch den Aufsichtsrat die Vergütung zu reduzieren. Im Konfliktsfall mit dem Management werden am Ende die vorstandsnahen Aufsichtsräte einknicken. Inwieweit die gesetzlich gewollte Ausrichtung der Bonuszahlungen an den mittelfristigen Unternehmensergebnissen erfolgen wird, ist erst einmal offen. Immerhin dürfen Manager Optionen auf Aktien des Unternehmens nicht mehr nach zwei Jahren sondern erst ab dem fünften Jahr einlösen.
Ein schweres Manko dieses Gesetzes ist der Verzicht auf eine relative Begrenzung des Managersalärs. So sollten Managergehälter im Prinzip auf das 13fache des Arbeitseinkommens eines Vollzeitbeschäftigten in der Industrie beschränkt werden. Dadurch würden derzeit die Vorstandsvergütung bei einem Jahreseinkommen von 500.000 ¤ gedeckelt. Die Managervergütung steigt nur, wenn auch die Arbeitseinkommen zunehmen.
Die Qualität und Souveränität von Aufsichtsräten im kritisch-konstruktiven Zusammenwirken mit Vorständen hängt von den auserwählten Mitgliedern ab. Heute dominieren auf der Kapitalseite eher noch die vorstandsgefälligen Seilschaften. Da werden Vorstände von Unternehmen, die gleichzeitig große Kunden sind, in den AR berufen. Diese personelle Vernetzung erinnert an Reste der machtvollen Deutschland AG. Jedenfalls kommen die Kapitalvertreter, die der Vorstand auf den Hauptversammlungen mit den Großaktionen zusammen durchzusetzen vermag, oftmals morgens zum AR-Termin eingeflogen und stützen sich persönlich ziemlich unvorbereitet auf die Mappe des Assistenten. Dagegen treffen sich die Vertreter der Belegschaft mit ihren Gewerkschaften zu langen Sitzungen im Vorfeld, um die Bilanz- und Prüfberichte auch mit wissenschaftlicher Beratung durch die Hans-Böckler-Stiftung zu verarbeiten.
Das Prinzip der Seilschaften bei den Kapitalvertretern, die sich am Ende der Vorstand auswählt, wird noch verschärft durch den Erbanspruch ehemaliger Vorstandsmitglieder auf ein AR-Mandat. Das Gesetz sieht immerhin künftig eine Wartezeit von zwei Jahren vor. Zur Stärkung der Unabhängigkeit der Aufsichtsräte gegenüber dem Vorstand sollte auf einen Wechsel in das Kontrollgremium grundsätzlich verzichtet werden. Sicherlich, das Wissen des ehemaligen Vorstandsmitglieds wird über die spätere Mitgliedschaft vererbt. Aber dieses Wissen auch über Fehlentscheidungen kann für den AR auch zur Belastung werden.
Das viel zu zaghafte Gesetz sollte in zwei Punkten durch den neu gewählten Bundestag novelliert werden:
Erstens sollte im Zuge des Ausbaus der Mitbestimmung zumindest der Hälfte der AR-Mitglieder die Arbeit gegenüber dem Kapital vertreten.
Zweitens muss der Skandal einer verschwindend geringen Anzahl von Frauen in den heutigen AR durch eine Frauenquote von zumindest 50% gesetzlich festgeschrieben werden.
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