Die Empörung ist noch nicht verraucht
TLG-FAIRWOHNEN-Vorstand Joachim Kadler über die Zukunft der im Bieterverfahren ausgeschiedenen Mieter-Genossenschaft
Herr Kadler, hat sich bei Ihnen als Vorstand der FAIRWOHNEN -Genossenschaft die Enttäuschung über das Aus im Bieterverfahren um die rund 12 000 ostdeutschen Wohnungen der Treuhandliegenschaftsgesellschaft TLG bereits ein wenig gelegt?
Nein, davon kann in meinem Fall noch längst nicht die Rede sein. Das bleibt erst einmal gefühlsmäßig sehr hart, die Enttäuschung und Empörung ist bei mir noch lange nicht verraucht. Wir hatten ja alles getan, um die Bedingungen zu erfüllen. Wir hatten mit Banken gesprochen, um das Projekt finanziell seriös darstellen zu können - und wir waren auch bei der Mitgliederwerbung auf einem guten Weg.
Wie viele Mitglieder gibt es denn inzwischen? Die Mieter-Genossenschaft hatte seit April dieses Jahres ja nicht unbedingt viel Zeit zur Werbung.
Es sind rund 600, alle beigetreten in doch vergleichsweise kurzer Zeit und darunter auch viele, die keinen Anspruch auf eine Wohnung erheben, sondern einfach unser alternatives Projekt unterstützen wollen. Das zeigt mir, dass die Genossenschaft funktioniert hätte, dass sie einen Nerv getroffen hatte und auf einem guten Weg war. Deshalb ist es ja auch so ärgerlich, einfach mit einem Achselzucken aussortiert worden zu sein. Empörend ist überdies, dass vom Bundesfinanzministerium trotz ständiger Vertraulichkeitsbekundungen ausschließlich die Meldung über unseren Ausschluss an die Presse durchgestochen wurde. Andererseits motiviert uns das nun auch dazu, in der einen oder anderen Form weiterzumachen.
Sie hatten am Freitag gegenüber dieser Zeitung über mögliche Rechtsmittel gesprochen, die eingelegt werden könnten, um die Genossenschaft »FAIRWOHNEN« vielleicht in das Verfahren zurück zu klagen. Wie sieht es nun damit aus?
Unsere Anwälte prüfen derzeit den Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt, ob das so, wie es abgelaufen ist, ein korrektes Verfahren gewesen ist. Das wird einige Zeit dauern, die Anwälte werden uns dann einen Rat geben.
Apropos Anwälte: Wie sieht es mit bereits entstandenen Kosten für Verwaltung, Gutachten etc. aus? Haben die Genossenschaftsmitglieder finanzielle Verluste zu fürchten?
Die während unserer Öffentlichkeitskampagne seit dem Frühjahr geworbenen Mitglieder der Genossenschaft treffen diese Kosten nicht. Die haben in den meisten Fällen noch gar kein Geld, auch kein »Eintrittsgeld «, einbezahlt, die tatsächlichen Einlagebeträge wären ohnehin erst bei einer Zuschlagserteilung für die Genossenschaft fällig geworden.
Und wer kommt nun für die bereits entstandenen Anwalts-, Beratungs- und Verwaltungskosten auf?
Diese bisher angefallenen Kosten werden wir als Verluste letztlich von den Einlagen der Gründungsmitglieder abziehen - und das sind schon durchaus spürbare Beträge. Aber die Gründungsmitglieder, die ja von der politischen Schiene kommen, haben um dieses Risiko immer gewusst. Meines Wissens hat sich darüber noch niemand beklagt.
Wird die gerade gegründete Genossenschaft jetzt einfach abgewickelt und alles ist so wie zuvor - oder geht es in irgendeiner Weise weiter?
Es geht weiter. Wir werden Ende August zu einer Mitgliederversammlung einladen, auf der Vorstand und Aufsichtsrat einen Vorschlag zur Satzungsänderung in Richtung Interessenvertretung für die Mieterschaft einbringen werden. Es ist jetzt ja im Laufe dieses Verfahrens klar geworden, dass die Bundesregierung nicht einmal den Versuch in Erwägung zieht, die Mieterrechte nach der Privatisierung durch eine »Sozialcharta« zu schützen. Genossenschaften können ja auch kulturelle und soziale Ziele verfolgen, hier scheint es einen Bedarf zu geben. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die Genossenschaft in einem solchen Sinn entwickelt und dass wir in Zukunft noch einiges von ihr erwarten können. Selbst wenn sich der Ausschluss aus dem Bieterverfahren nicht rückgängig machen lassen wird.
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