Schattenbanken größer als vor der Finanzkrise

EurActiv/rtr

19.11.2012 / euractiv.de, 19.11.2012

Schattenbanken werden für die Finanzkrise mitverantwortlich gemacht. Dem Finanzstabilitätsrat (FSB) zufolge sind sie nun sogar größer als im Jahr 2007. Dabei sei die Dunkelziffer noch hoch.

Der Finanzstabilitätsrat (FSB) der G20-Staaten bezifferte das Volumen der Nicht-Banken, die den weltweiten Geldkreislauf mit Kredit und Liquidität anheizen, zum Ende des vergangenen Jahres auf 67 Billionen Dollar. Zum Start der Krise 2007, für die die Schattenbanken mit verantwortlich gemacht wurden, waren es erst 62 Billionen Dollar, vor zehn Jahren 26 Billionen. Damit sorgen die zum großen Teil unregulierten Institutionen für fast ein Viertel der Vermögenswerte im gesamten Finanzsystem. Die Banken selbst machen stellen knapp die Hälfte, der Rest kommt von Versicherern und Pensionsfonds, Staatsbanken und Zentralbanken.

Dabei sei die Dunkelziffer bei den Schattenbanken noch groß, räumte der FSB ein. So seien viele Hedge-Fonds in Steuer- und Finanzparadiesen zuhause, wo den Aufsehern genaue Daten fehlen. Das Gremium, das bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel angesiedelt ist, will im Zuge der weltweiten Regulierungsbemühungen auch die Kontrolle über die Schattenbanken verstärken. Am Sonntag stellte der FSB dazu ein Maßnahmenpaket zur Diskussion, das bis September 2013 von den G20-Staaten umgesetzt werden soll. Bisher waren viele der Schattenbanken - und die damit verbundenen Risiken - unter dem Radarschirm der Aufseher geblieben.

Schattenbanken seien an sich nichts Schlechtes, betonten die Aufseher. Doch könnten sie eine Finanzkrise beschleunigen oder sogar selbst auslösen, wenn sie für eine steigende Verschuldung der Banken sorgen, vor allem aber wenn sie langfristige Kredite zu kurzfristig refinanzieren. In einer Krise ziehen sie sich oft schnell zurück und hinterlassen Chaos im Finanzsektor. Ein Dorn im Auge sind den Aufsehern vor allem Geldmarktfonds, die in der Euro-Schuldenkrise für Verwerfungen gesorgt hatten, weil sie den europäischen Banken Dollar-Liquidität entzogen hatten. Sie seien am verwundbarsten, weil ihre eigenen Geldgeber in schlechten Zeiten häufig blitzschnell die Liquidität abziehen.

Aber auch die Wertpapierleihe, die Wiederverbriefung von Verbindlichkeiten oder Repo-Geschäfte sollen besser überwacht werden. Die Pleite von Lehman Brothers und die Beinahe-Pleite des US-Versicherungsriesen AIG in der Finanzkrise hatten vor allem deswegen einen Flächenbrand ausgelöst, weil beide in der Wertpapierleihe stark vertreten waren. Zu den Schattenbanken zählen auch Investment-Vehikel wie Conduits oder SIVs, in die etwa deutsche Landesbanken außerhalb der Bilanz investiert und damit Schiffbruch erlitten hatten. Nicht alle sind so gefährlich: So zählen die Aufseher auch die in den Niederlanden angesiedelten Finanztöchter vieler Banken zu den Schattenbanken.

Den größten Schattenbanken-Sektor haben nach den FSB-Daten die USA: er ist dort allein 23 Billionen Dollar groß und macht 35 Prozent des gesamten Finanzsektors aus. Die gesamte Euro-Zone kommt auf 22 Billionen Dollar. Allerdings ist der Anteil der USA von 2005 bis 2011 auf 35 von 44 Prozent gesunken - vor allem zugunsten von Großbritannien. In internationalen Finanzzentren wie Hongkong, Großbritannien, Singapur und der Schweiz erreicht das Volumen der Schattenbanken ein Vielfaches des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

EurActiv/rtr

Links:

Financial Stability Board: Press release - FSB Publishes Initial Integrated Set of Recommendations to Strengthen Oversight and Regulation of Shadow Banking (18. November 2012)

Financial Stability Board: Strengthening Oversight and Regulation of Shadow Banking - An Integrated Overview of Policy Recommendations (18. November 2012)

EU-Parlament: EU-Abgeordnete wollen Schattenbanken transparenter machen (15. November 2012)

Informationen der EU-Kommission

Green Paper on Shadow Banking – FAQ (19. März 2012)

Grünbuch Schattenbankwesen (März 2012, englisch)

Website zum Schattenbankensystem

Zum Thema auf EurActiv.de

EU will Schattenbanken besser überwachen (19. März 2012)

Nehmen die G20 Schattenbanken ins Visier? (28. Oktober 2011)


Weitere Informationen zum Thema finden Sie auch auf www.ftd.de und www.handelsblatt.com