Finanzspekulation und Nahrungsmittelpreise: Anmerkungen zum Stand der Forschung
Von Hans-Heinrich Bass
Seit der Jahrtausendwende gibt es einen steigenden Trend der Rohstoffpreise – mit bislang zwei Preisspitzen (2008 und 2011–12). Ein wesentlicher Teil des Preisauftriebs wird aufFundamentalfaktoren zurückgeführt, wie die weiter zunehmende Zahl der Weltbevölkerung, steigenden Fleischkonsum in den Schwellenländern und die Konkurrenz zwischen Teller und Tank in den USA und Europa. Ein Teil des Preisauftriebs wird jedoch auch auf die Finanzialisierung der Rohstoffmärkte zurückgeführt.
Unter der Finanzialisierung der Rohstoffmärkte versteht man den Zustrom von Fi-nanzkapital zu den Warenterminmärkten. Das Finanzkapital wird also nicht direkt auf den Märkten eingesetzt, wo die tatsächliche Ware gehandelt wird (das sind die Spotmärkte), sondern auf den Märkten, wo Kontrakte für Anrechte auf Lieferun-gen in der Zukunft (die Futures) gehandelt werden.
Ein Grund für den Zustrom von Finanzkapital zu den Terminmärkten liegt in der globalen Liquiditätsschwemme. Die Aufblähung der Liquidität oder die „Verbilligung des Geldes“ war eine wichtige Maßnahme zur Bekämpfung der weltweiten Wirtschaftskrisen (zuerst der Dotcom-Krise, dann der globalen Finanzkrise). Ein anderer Grund für die Liquiditätsschwemme sind die hohen privaten Ersparnisse in Hocheinkommens- und Schwellenländern, für die lukrative Anlagen gesucht werden.
Das von den Managern eines speziellen Anlageproduktes („managed futures“) verwaltete Kapital, das an den Warenterminmärkten eingesetzt wird, hat sich beispielsweise von 2000 bis heute (Mitte 2013) verneunfacht. Die einzelnen Kapitalsammelfonds verfolgen allerdings unterschiedliche Anlagestrategien. Nach den jeweils verwendeten Strategien lassen sich unter anderem Hedgefonds von Indexfonds abgrenzen.
(S.8)
Inhalt
- Warum diese Studie? S.4
- Das Wichtigste in Kürze S.8
- 1. Worum es geht: Die Finanzialisierung der Rohstoffmärkte S.19
- 2. Der generelle Einfluss der Finanzialisierung auf Termin marktpreise S.24
- 2.1 Probleme der Datenlage S.25
- 2.2 Probleme der Operationalisierung der „ exzessiven“ Spekulation S.26
- 2.3 Probleme der Operationalisierung der Indexspekulation S.28
- 2.4 Empirische Ergebnisse S.32
- 3. Der Einfluss der Finanzialisierung auf Preisspitzen und Volatilität S.37
- 3.1 Finanzialisierung und Preisspitzen S.37
- 3.1.1 Mikroökonomisches Standardmodell und dynamisches Marktmodell S.38
- 3.1.2 Faktorenzerlegung S.40
- 3.1.3 Spezielle Regressionsanalyse S.41
- 3.1.4 Musteranalyse S.42
- 3.2 Finanzialisierung und Volatilität S.44
- 3.2.1 Multivariate Regressionsanalyse der „exzessiven“ Spekulation S.45
- 3.2.2 Granger-Zeitreihenanalyse der „exzessiven“ Spekulation S.46
- 3.2.3 Granger-Zeitreihenanalyse der Indexspekulation S.47
- 3.2.4 Multivariate Regressionsanalyse der Indexspekulation S.47
- 4. Die Preistransmission vom Terminmarkt zum Spotmarkt S.50
- 5. Was zu tun ist: Wissenschaftliche Erkenntnis, politisches Handeln S.55
- 5.1 Beeinflussung der Fundamentalfaktoren S.57
- 5.2 Beschränkung der Finanzspekulation S.58
- Literatur S.60
Ähnliche Artikel
- 25.10.2011
GREGOR GYSI: 90 Prozent unserer Zeit darauf verwenden, Politik zu machen
- 26.04.2012
- 26.04.2012
- 03.10.2011
- 14.08.2011