Rede zum „Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes“
Sehr geehrte
Damen und Herren,
liebe
Kolleginnen und Kollegen,
dieser Gesetzentwurf kommt auf den ersten Blick als ein recht technokratisches Werk zur Neuaufteilung des kommunalen Umsatzsteueranteils daher. Bei genauerer Betrachtung der damit einhergehenden Verteilungswirkungen stellt man aber fest, dass der Gesetzentwurf den Wettbewerbsföderalismus in ganz erheblichem Umfang weiter verschärft. Trug die Verteilung des kommunalen Umsatzsteueranteils zwischen den Kommunen bisher dazu bei, dass auch Kommunen in strukturschwächeren Regionen eine gewisse finanzielle Mindestausstattung erhielten, so werden diesen Städten und Gemeinden nun gezielt Mittel zu Gunsten ohnehin besser ausgestatteter Gebietskörperschaften entzogen. Durch die Neuregelung wird das Wohl und Wehe jeder einzelnen Kommune in Zukunft noch stärker davon abhängen, ob es ihr gelingt, gewerbesteuerkräftige Unternehmen anzu-siedeln. Damit wird die ohnehin schon häufig ruinöse Standortkonkurrenz zwischen den Kommunen weiter verschärft. Das Ergebnis ist bekannt: Am Ende haben die Kommunen zusammen genommen weniger in der Tasche, die soziale Infrastruktur wird weiter eingeschränkt.
Unter dem Strich werden die Kommunen im Osten Deutschlands je nach Bundesland zwischen rund 14 und 26 Prozent am Umsatzsteueranteil verlieren. Mit Ausnahme der hessischen Kommunen werden hingegen die Kommunen im Westen per saldo mit Zugewinnen rechnen können.
Sicher ist es richtig, jenen Kommunen, die durch die Abschaffung der Gewerbe-kapitalsteuer Einnahmerückgänge zu verzeichnen hatten, einen angemessenen Ersatz zu verschaffen. Jedoch ist der hier vorgeschlagene Weg einer Neuaufteilung des kommunalen Umsatzsteueranteils völlig unangebracht. Ein adäquater Ersatz für die Gewerbe-kapitalsteuer, für deren Wiedereinführung auch DIE LINKE. nicht plädiert, kann nur in der Art geschehen, dass die Gewerbesteuer in ihrer derzeitigen Ausgestaltung und Anwendung auf den Prüfstand gehört. Dabei muss eine angemessene Einbeziehung der Selbständigen und freiberuflich Tätigen in die Steuerpflicht ebenso geprüft werden wie die Ausweitung der Bemessungsgrundlage. Darüber hinaus gilt es, der Entwicklung Einhalt zu gebieten, dass immer weitere Unternehmensarten, hier vor allem Akteure auf den Finanzmärkten, von der Gewerbesteuerpflicht entbunden werden. Nur so – und nicht etwa auf dem Wege der Umsatzsteuerneuverteilung zwischen den Kommunen – kann den Städten und Gemeinden auch in angemessener Weise etwas für die Bereitstellung von Infrastruktur an die Unternehmen und zur Finanzierung der Daseinsvorsorge zurückgegeben werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
gerne setzen wir uns mit Ihnen darüber auseinander, wie die Kommunen besser an den Gemeinschaftssteuern beteiligt werden können, als es derzeit der Fall ist. Dabei halten wir es für überlegenswert, den Anteil der Städte und Gemeinden am Umsatzsteueraufkommen von derzeit rund 2 Prozent auf zwanzig Prozent zu erhöhen und im Gegenzug die Beteiligung an der Einkommensteuer und am Zinsabschlag aufzugeben. Dabei könnte eine gerechtere Verteilung des kommunalen Umsatzsteueranteils zwischen den Kommunen dadurch erfolgen, dass als Verteilungsschlüssel die Einwohnerzahl zu Grunde gelegt wird. Nach diesem Lösungsansatz könnten alle ostdeutschen Länder und alle westdeutschen Nehmerländer spürbare finanzielle Zugewinne für ihre Kommunen verbuchen. Die Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfes stellt besonders heraus, wie sehr der Gesetzentwurf einen mühsam gefundenen Kompromiss zwischen Bund, Ländern und Gemeinden widerspiegelt. Wir sind aber ausdrücklich optimistisch, dass auch unser Vorschlag die Zustimmung der Länder und Kommunen finden würde. Klar muss aber auch sein, dass allein eine gerechtere Verteilung des Mangels zwischen den Kommunen – die immerhin fast 70 Prozent aller öffentlichen Investitionen schultern müssen – dem kommunalen Finanzierungsbedarf allein nicht gerecht wird. Hier stehen Bund und Länder gemeinsam in der Pflicht, für eine angemessene Finanzausstattung der Kommunalhaushalte mit Sorge zu tragen. Will man den Worten von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen glauben, dass nämlich die mittleren und unteren Einkommensgruppen keine weiteren Steuerbelastungen erfahren sollen und der Staatshaushalt keiner zusätzlichen Verschuldung ausgesetzt werden soll, so wird auch in dieser Frage kein Weg daran vorbeiführen, die Besitzer großer Vermögen und die Gewinne der großen Unternehmen stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens heranzuziehen.
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