Mehr Geld für weniger Pflege?

Spitzenverband der Krankenkasssen stellt Klinikbedarf in Frage

24.07.2008 / Von Silvia Ottow, Neues Deutschland

So schlecht wie sie es immer darstellen, ist es um die Finanzen der Krankenhäuser nicht bestellt, rechnete der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gestern in Berlin vor. Der neue Dachverband plädiert für mehr Wettbewerb unter den Klinken.

»Wie sollen die Krankenkassen das alles finanzieren?«, fragt sich der Vizevorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann Magnus von Stackelberg, angesichts der gestiegenen Kosten für die Krankenhäuser und der wachsenden Geldforderungen ihrer Betreiber für die Zukunft. Schon jetzt fließe mit 51 Milliarden Euro jeder dritte Euro der Kassen an die Krankenhäuser. Im nächsten Jahr kämen noch einmal zusätzliche 1,5 Milliarden Euro hinzu.

Die Anzahl der Pflegekräfte habe sich zwar verringert, doch die Zahlen zeigten auch, dass die Pflegetage im Krankenhaus insgesamt zurückgegangen seien. »Mehr Geld für weniger Pflegebedarf – wir sind skeptisch, dass das der richtige Weg ist«, sagte von Stackelberg. Die Krankenkassen kämen ihren finanziellen Verpflichtungen für die Krankenhäuser nach, die Bundesländer aber nicht. Sie beteiligten sich von Jahr zu Jahr weniger an den Investitionskosten. Ginge das so weiter, würden sie 2020 gar nichts mehr zahlen.

Der Spitzenverband fordert von der Bundesregierung, den Krankenkassen per Gesetz zu ermöglichen, Einzelverträge für bestimmte Eingriffe und Operationen mit bestimmten Krankenhäusern abschließen zu können. Dies würde den Wettbewerb bereichern und die Kosten der Krankenkassen minimieren. Man könnte mit dieser Vertragsgestaltung in dicht versorgten Gebieten beginnen. So gebe es im 50-Kilometer-Umkreis der Stadt Essen 106 Krankenhäuser, die Kniegelenk-Implantationen vornähmen. Die Kassen seien gezwungen, mit allen Verträge abzuschließen. Dies verschleudere Geld.

Ein erster Entwurf für ein Gesetz zur Neuregelung der Krankenhausfinanzierung aus dem Bundesgesundheitsministerium wurde vom Krankenkassenverband kritisiert. Man reiche die Kosten für eine Aufstockung des Pflegepersonals sowie für die Tarifsteigerungen der Krankenhausbeschäftigten an die Krankenkassen und damit an die Beitragszahler weiter.

GKV-Spitzenverband

Die Körperschaft des öffentlichen Rechts übernahm zum 1. Juli 2008 alle gesetzlichen Aufgaben der bisherigen Spitzenverbände der AOK, der Ersatzkassen, der BKK, der IKK, der Knappschaft und der Landwirtschaftlichen Krankenkassen. Sie entscheidet über Prävention, Arzneimittel-Festbeträge, Vereinbarungen mit Ärzten und Krankenhäusern und vertritt die GKV auf Bundesebene. Ab 2011 ist sie für den Beitragseinzug verantwortlich. ott