SPD will Eskalation um Clement verhindern
Die SPD-Spitze bemüht sich im Streit über den drohenden Parteiausschluss von Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement um Schadensbegrenzung.
Parteichef Kurt Beck warnte seine Partei am Montag davor, die Debatte um Clement zu einem Richtungsstreit eskalieren zu lassen. Alle Beteiligten müssten nun Solidarität und Augenmaß beweisen, heißt es in einem Schreiben an Funktionsträger seiner Partei im Bund, den Ländern und Bezirken. "Es gilt, Brücken zu bauen und sie zu betreten", appellierte Beck in dem Reuters vorliegenden Brief sowohl an den einstigen Superminister wie an seine Kritiker. "Die SPD wird nur mit mehr Gemeinsamkeit erfolgreich sein."
Clement wies allerdings alle Kompromissvorschläge neuerlich brüsk ab. Den Vorschlag der gegen ihn klagenden Ortsvereine auf einen Ausschluss zu verzichten, wenn er eine Rüge akzeptiere und seine "parteischädigenden Aufrufe zur Nichtwahl der SPD" unterlasse, wertete Clement als weltfremd. "Ich werde mich nicht auf irgendwelche Vergleichsvorschläge einlassen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".
BECK - NUR GEMEINSAMKEIT HILFT
Beck bekräftigte in seinem Schreiben, die Bundes-Schiedskommission, die nun über den Ausschluss entscheidet, werde dies unabhängig von politischen Weisungen tun. Zugleich forderte er erneut, jede Entscheidung müsse auch die Verdienste Clements für die SPD berücksichtigen. "Wir alle kennen die Verdienste und das ausgeprägte Temperament von Wolfgang Clement", schrieb Beck.
Deutlich widersprach Beck aber Clements Einschätzung, dass es in der Debatte um dessen Parteiausschluss vor allem um eine Richtungsentscheidung der Sozialdemokraten gehe. "Es geht nicht um den Kurs der SPD zur Agenda 2010", schrieb Beck. Auch am Atomausstieg werde festgehalten, erklärte der Parteichef zum zweiten großen Kritikpunkt von Clement, der Energiepolitik. Er erwarte, dass alle Parteimitglieder nun öffentlich für die klaren Positionen der Partei einträten, "statt Diskussionen um Details zu Richtungsentscheidungen hoch zu reden", schrieb Beck.
ZEITUNG: STEINBRÜCK SOLL VERMITTELN
In einer Telefonschaltkonferenz beschloss die Parteiführung, dem Schiedsverfahren gegen Clement beizutreten. "Es geht darum, dass wir Brücken bauen wollen in diesem Konflikt", sagte Heil fast wortgleich mit dem Schreiben seines Parteivorsitzenden. "Ich weise aber auch darauf hin, dass diese Brücken von beiden Seiten betreten werden müssen."
Weil Clement sich aber unbeugsam zeigt, soll einem Medienbericht zufolge nun Finanzminister Peer Steinbrück vermitteln und seinen langjährigen Weggefährten aus der gemeinsamen Zeit in der nordrhein-westfälischen Landespolitik zum Einlenken bewegen. Die "Rheinische Post" (Dienstagausgabe) meldet unter Berufung auf SPD-Führungskreise, Steinbrück solle Clement in einem persönlichen Gespräch dazu aufrufen, den von den klagenden Ortsvereinen vorgeschlagenen Kompromiss anzunehmen. "Wenn es einer schafft, Clement zu besänftigen, dann Steinbrück", zitiert die Zeitung ein Mitglied der SPD-Führung.
Die Landesschiedskommission der SPD in Nordrhein-Westfalen hatte Clement in der vergangenen Woche aus der Partei ausgeschlossen, weil er im Hessen-Wahlkampf indirekt dazu aufgerufen hatte, die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti wegen ihrer Energiepolitik nicht zu wählen. Clement will nun vor der Bundesschiedskommission um seine Mitgliedschaft kämpfen. Bis zu einer Entscheidung, die sich Heil zufolge bis zum Herbst hinziehen kann, ist sein Parteiausschluss nicht rechtskräftig.