Kein Abitur für arme Kinder?
Das neue »Familienleistungsgesetz« begrenzt Schulhilfen für Kinder aus Hartz IV-Familien
Ein Gesetzentwurf aus dem Familienministerium sorgt für Wirbel. Die LINKE will in einer nun eingereichten Kleinen Anfrage wissen, warum der Gesetzgeber Schüler aus Hartz IV-Familien vom Abitur ausschließen will.
Seit Jahren bemängeln Bildungsexperten den geringen Anteil an Abiturienten unter deutschen Schulabgängern. Auf dem Dresdner Bildungsgipfel vereinbarte man deshalb, den Anteil pro Jahrgang auf mindestens 40 Prozent zu steigern. Umso unverständlicher also, dass das Bundeskabinett nun einen Gesetzentwurf verabschiedete, der Kinder von Hartz IV-Empfängern beim Bildungserwerb benachteiligt.
Das sogenannte »Familienleistungsgesetz« sieht unter anderem vor, kinderreiche Familien besser zu fördern. Nach dem Willen von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) soll das Gesetzespaket die Familien um mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr entlasten. Doch das neue Gesetz enthält einige Tücken: so zum Beispiel das Schulbedarfspaket. Demnach sollen schulpflichtige Kinder aus Familien, die von Sozialhilfe oder Hartz IV leben müssen, einen jährlichen Zuschuss in Höhe von 100 Euro erhalten. Der Betrag soll jeweils zu Beginn des Schuljahres ausgezahlt werden und laut Bundesregierung sicherstellen, dass »die notwendige Ausstattung mit Schul- und Unterrichtsmaterialien« auch für arme Schüler möglich ist. Völlig unverständlich bleibt hingegen, wieso der Gesetzgeber diesen Bonus nur bis »zum Abschluss der Jahrgangsstufe 10« gewähren will. So sind Jugendliche, die eine weiterführende Schule besuchen, von dieser Unterstützung ausgeschlossen. Die LINKE nahm dies zum Anlass, eine Kleine Anfrage einzureichen. So wollen die Fragesteller wissen, warum die betroffenen Schüler nicht über die Jahrgangsstufe 10 hinaus gefördert werden sollen. Immerhin behindere man so den viel beschworenen »Aufstieg durch Bildung«.
Die LINKE vermutet außerdem, dass die Ungleichbehandlung der Schüler nach Jahrgangsstufen gegen Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt. Dieser verbietet Ungleichbehandlungen – gleich welcher Art. Diana Golze von der Linksfraktion resümiert: »Es liegt auf der Hand, dass die 100 Euro nicht annähernd ausreichen und die Gefahr besteht, dass mit diesem Betrag weitere Unterstützungsmaßnahmen für Kinder zukünftig ausgeschlossen werden sollen.«
In der nächsten Woche soll das Gesetz im Bundestag beraten werden. Eine Zustimmung des Bundesrates scheint fraglich. In einer Beschlussempfehlung der Länderkammer heißt es, dass Bedarfspaket sei »bildungspolitisch kontraproduktiv«.
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