Kluge Finanzpolitik gibt Impulse
Um einem Einbruch der Konjunktur entgegenzuwirken, startete 1977 ein mehrjähriges "Zukunftsinvestitionsprogramm". So gelang es der Finanzpolitik, einen Aufschwung auszulösen. Im aktuellen Jahrzehnt entwickelte sich die deutsche Wirtschaft über einen längeren Zeitraum äußerst schwach. Denn die Finanzpolitik als Wachstum stimulierende Kraft fiel aus.
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Konjunktur
Wann Staatsimpulse wirken
Die Finanzpolitik kann helfen, Konjunktur- und Beschäftigungskrisen zu bekämpfen. Das gilt besonders dann, wenn Fiskal-, Geld- und Lohnpolitik ineinander greifen, zeigt eine Expertise von Dieter Vesper.
In jeder Phase der wirtschaftlichen Abkühlung stellt sich die Frage erneut: Soll der Staat eingreifen? Der Berliner Finanzwissenschaftler Dieter Vesper hat die Wirkung von Konjunkturpolitik in der Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik seit Mitte der 60er-Jahre untersucht. Sein Befund: Mehrere Male hat die Fiskalpolitik im Abschwung Schlimmeres verhindert. Die Finanzpolitik könne also "in der Rezession kreditfinanzierte Nachfrageimpulse geben, die unmittelbar einkommens- und beschäftigungswirksam sind".
Beispiele für eine gelungene keynesianische Politik sieht Vesper in den Jahren nach 1977 und nach 1986. Um einem Einbruch der Konjunktur entgegenzuwirken, beschloss die Bundesregierung im Frühjahr 1977 ein mehrjähriges "Zukunftsinvestitionsprogramm". Dies beinhaltete unter anderem Entlastungen bei der Lohn- und Einkommensteuer, steuerliche Vergünstigungen und Schritte zur Energieeinsparung. Der Plan ging auf: Es gelang der Finanzpolitik, einen Aufschwung auszulösen. Bald stiegen auch die Steuereinnahmen stark an.
Auch ab 1987 trug die Finanzpolitik zur Stimulierung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bei, indem sie Steuersenkungen und höhere Ausgaben für die Infrastruktur auf den Weg brachte. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum belebte sich nachhaltig. Zusätzliche Einnahmen füllten die öffentlichen Kassen. So konnte 1989 erstmals seit langer Zeit wieder ein Überschuss im Staatshaushalt verbucht werden.
Speziell den Aufschwung Ende der 80er-Jahre sieht der Finanzwissenschaftler als lehrbuchmäßigen Beleg für die enge Wechselwirkung zwischen gesamtwirtschaftlicher Entwicklung und koordinierter Wirtschaftspolitik: An der Produktivität orientierte, längerfristig ausgerichtete Lohnabschlüsse stabilisierten die Produktionskosten und erhöhten die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Geld- und Finanzpolitik kompensierten die damit einhergehende Schwächung der Binnennachfrage. Günstigerweise stärkten auch stark sinkende Ölpreise die private Kaufkraft. Der Aufschwung spülte rasch zusätzliche Einnahmen in die öffentlichen Kassen, sodass sich die zusätzlichen staatlichen Ausgaben schnell ausgezahlt hatten.
Doch so gut klappte die wirtschaftspolitische Koordinierung nicht immer. "In anderen Phasen der wirtschaftlichen Entwicklung war nur selten ein abgestimmtes Verhalten der wirtschaftspolitischen Akteure erkennbar", so Vesper. Die Folge: Sowohl in den frühen 80er-Jahren als auch im aktuellen Jahrzehnt entwickelte sich die deutsche Wirtschaft über einen längeren Zeitraum äußerst schwach. In beiden Fällen fiel die Finanzpolitik als Wachstum stimulierende Kraft aus. In den 80ern kam der Aufschwung erst in Gang, als Geld- und Finanzpolitik expansiv wurden.
Neuere Forschungsergebnisse zeigen ebenfalls: Wenn die Wirtschaft auf der Kippe steht, kann der Staat sie sehr wohl vor dem Absturz bewahren. Wissenschaftler der US-amerikanischen Brookings Institution haben drei Grundregeln für einen erfolgreichen Eingriff aufgestellt:
1. Finanzielle Anreize des Staates müssen zum richtigen Zeitpunkt kommen. Eine Möglichkeit wäre, bei einem drohenden Abschwung schon einmal ein Programm für den Notfall zu verabschieden. Dieses träte aber erst dann in Kraft, wenn zum Beispiel die Beschäftigung drei Monate in Folge abgenommen hätte.
2. Staatliche Eingriffe müssen zielgenau sein. Steuervergünstigungen für Wohlhabende brächten nichts, denn diese würden die zusätzlichen Einkünfte kaum konsumieren.
3. Zeitliche Begrenzung - sie dürfen sich nur über einen bestimmten Zeitraum erstrecken. Anderenfalls würde die Staatsverschuldung dauerhaft ansteigen.
Auch der Internationale Währungsfonds attestiert zumindest Industriestaaten gute Chancen, mit den Mitteln der Fiskalpolitik einen Abschwung abzufedern. Und in der aktuellen Krise? "Die Finanzpolitik wird den gegenwärtigen Abschwung nicht mehr verhindern können", schreibt das IMK, "wohl aber wird sie seine Stärke spürbar vermindern und seine Dauer erheblich verkürzen können."
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