Gesine Lötzsch: Machen Sie Schluss mit der staatlichen Reichtumspflege!
Rede in der Schlussunde zur Beratung des Budneshaushalts 2009, Wirtschaftsetat
Vielen Dank. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei
seinem ersten Besuch im Haushaltsausschuss sagte Minister Glos: Lieber
ein Onkel, der etwas mitbringt, als eine Tante, die Klavier spielt.
Herr Glos, leider haben Sie diesen flotten Spruch in Ihrem Haushalt
nicht umgesetzt.
Gerade von Ihnen hätten wir ein Konjunkturprogramm mit einem Umfang von
1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwartet, wie es die EU verlangt;
denn Sie, Herr Glos, gehören doch zu den Regierungsmitgliedern, die
wissen, dass ein solches Konjunkturprogramm auch richtig wäre.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie legen hier aber nur ein Progrämmchen mit einem Umfang von 0,2
Prozent des Bruttoinlandsproduktes vor, mit dem keine guten Wirkungen
erzielt werden. Darin sind sich alle Wirtschaftsexperten einig.
Sie haben es ja schon angedeutet: Die Kanzlerin und der Finanzminister
haben Sie, Herr Glos, am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Das ist
für Sie persönlich bedauerlich, für Millionen Arbeitnehmer in unserem
Land aber eine Katastrophe.
(Beifall bei der LINKEN)
Da Sie kein Geld bekommen, versuchen Sie, mit anderen Themen ins
Gespräch zu kommen. Sie wollen zum Beispiel, dass die deutsche
Automobilindustrie nicht weiter durch angeblich überzogene europäische
CO2-Zielwerte belastet wird. Das ist reiner Populismus und hilft auch
den Autobauern kein Stück weiter; denn die Zukunft liegt nicht in
Spritschleudern, sondern in umweltfreundlichen Autos.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Als Wirtschaftsminister aus Bayern müssten Sie doch jetzt „Lederhosen
und Elektroautos“ das wäre ein passender neuer Slogan fordern, statt
mit Konzepten aus den 70er-Jahren aufzuwarten.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Glos, Sie könnten sich als Minister um die deutsche Einheit
verdient machen, wenn Sie eine Forderung der ostdeutschen Wirtschaft
aufnehmen würden. Die ostdeutsche Wirtschaft fordert zu Recht, dass die
Mittel aus dem Solidarpakt nicht so schnell absinken dürfen, wie es
jetzt vorgesehen ist. Diese Forderung kann man auch ohne
Schwierigkeiten zusammen mit den Ländern umsetzen, da die Einnahmen aus
dem Solidaritätszuschlag in den letzten Jahren kontinuierlich
gestiegen, aber die Ausgaben für den Solidarpakt kontinuierlich
gesunken sind.
In Anbetracht der Wirtschaftskrise wäre es ein Zeichen der
wirtschaftlichen Vernunft, die dramatische Degression aus dem
Solidarpakt herauszunehmen, um die ökonomische Situation im Osten
Deutschlands zu verbessern. Das müsste Ihnen doch eine
Herzensangelegenheit sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Gleichzeitig das ist meine sehr persönliche Meinung halte ich es für
vernünftig, wenn man diesen Vorschlag mit einer Absenkung des
Solidaritätszuschlags verbindet. Von diesen beiden Vorschlägen hätten
Ost und West etwas. Wir würden ein klares Signal an den Osten senden,
dass wir auch in der Krise Ostdeutschland nicht im Stich lassen, und
wir würden ein Signal an die alten Bundesländer senden, dass ihre
Solidarität sehr hoch geschätzt wird, aber nicht überstrapaziert werden
soll.
Wir wollen ein Konjunkturprogramm, das die Menschen entlastet, die am
wenigstens Schuld an der Krise tragen, und diejenigen zur Kasse bittet,
die in den letzten Jahren und Jahrzehnten durch die Wiedervereinigung,
mithilfe der Rüstungsindustrie und an den Börsen ihre märchenhaften
Gewinne eingestrichen haben.
Herr Ramsauer von der CSU sagte in der Diskussion um die
Erbschaftsteuer, dass nur diejenigen solidarisch sein können, die auch
Eigentum haben.
(Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Sonst ist alles Mangelverwaltung wie bei Ihnen! So ein Quatsch!)
Ja, Herr Ramsauer, sie können solidarisch sein; sie sind es aber nicht.
Eigentum scheint diese Menschen nur dazu zu verpflichten, noch mehr
Eigentum anzuhäufen.
Es ist nicht die Zeit, auf noble Spenden zu warten. Die Politik hat
vielmehr die Aufgabe, für soziale Gerechtigkeit das heißt vor allem für
Steuergerechtigkeit zu sorgen.
(Beifall bei der LINKEN)
Machen Sie also Schluss mit der staatlichen Reichtumspflege!
Wenn Finanzminister Steinbrück darauf verweist, dass die
Besserverdienenden den Großteil der Einkommensteuer bezahlen, vergisst
er immer wieder darauf hinzuweisen, dass diejenigen, die keine
Einkommensteuer zahlen, weil sie zu wenig verdienen, trotzdem
Mehrwertsteuer, Versicherungssteuer und andere Steuern bezahlen müssen,
die die Einkommensteuer im Gesamtaufkommen bei weitem übersteigen. Es
wäre also das falsche Signal, jetzt wieder über die Senkung der
Einkommensteuer zu sprechen, wie es die Herrschaften auf der rechten
Seite des Hauses gerne tun. Wir müssen jetzt diejenigen steuerlich
entlasten, die besonders hart von der Krise betroffen sind. Das sind
nicht die Menschen, die hohe Einkommensteuern zahlen.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Glos, es tut mir leid, aber Ihr Haushalt ist nicht der Rede wert.
Das Lob, das Sie von Herrn Steinbrück eingefordert haben, hat meine
Position bestätigt, dass Ihr Haushalt nicht der Rede wert ist.
(Ernst Hinsken (CDU/CSU): Warum reden Sie dann überhaupt?)
Wenn Sie aber zu Ihrem eigentlichen Vorhaben zurückkehren, ein
Konjunkturprogramm auf den Weg zu bringen, das diesen Namen auch
verdient, dann haben Sie mich und die Fraktion Die Linke als
zuverlässige Verbündete an Ihrer Seite.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Links und zuverlässig? Das verstehe ich nicht!)
Ähnliche Artikel
- 18.12.2008
- 16.12.2008
Bundesrechnungshof 2008 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes 2007/2008
- 11.12.2008
- 09.12.2008
- 03.12.2008