Wirtschaftsminister zu Guttenberg hält schützende Hand über Steuerflüchter
Wirtschaftsminister zu Guttenberg hat massive Einwände: Gesetz erneut nicht im Kabinett
Das mögliche Scheitern des Gesetzes gegen Steuerflucht hat einen neuen Streit in der Großen Koalition entfacht. In Regierungskreisen wird inzwischen bezweifelt, dass es in dieser Legislaturperiode noch kommt.
Berlin (Agenturen/ND). Nach einem Bericht der »Frankfurter Rundschau« meldete der neue CSU-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg massive Einwände gegen das Vorhaben an. Damit muss das Gesetz am Mittwoch erneut von der Tagesordnung des Kabinetts genommen werden. Im Wirtschaftsministerium hieß es dazu am Wochenende lediglich, die Ressortabstimmungen liefen noch. SPD-Parteichef Franz Müntefering drohte am Samstag: »Wenn die Union da nicht mitzieht, gibt es größeren Streit.« Die SPD würde eine Abschwächung nicht akzeptieren. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte, Guttenberg und seine »Gleichgesinnten« entpuppten sich als »letztes Bollwerk gegen die Austrocknung der Steueroasen«.
Das »Gesetz zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken und der Steuerhinterziehung« soll sogenannte Steueroasen trockenlegen. Dazu sollen nach den bisherigen Plänen Privatpersonen und Unternehmen in Deutschland, die mit unkooperativen Staaten und intransparenten Finanzzentren Geschäfte machen, den Fiskus umfassend informieren müssen. Das Bundesfinanzministerium verwies am Wochenende auf die noch nicht abgeschlossenen Abstimmungen.
Mit Blick auf den Weltfinanzgipfel in London hatten sich nach Liechtenstein und Andorra auch die Schweiz, Österreich und Luxemburg bereit erklärt, ihr Bankgeheimnis zu lockern. Monaco erklärte sich in der Nacht zum Sonntag bereit, seinen generellen Widerstand gegen länderübergreifenden Austausch von Kontodaten aufzugeben. Stunden zuvor hatte auch die belgische Regierung angekündigt, sich aktiver als bisher am Kampf gegen grenzüberschreitende Steuerflucht zu beteiligen.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte im »Spiegel«: »Absichtserklärungen müssen aber durch konkrete Taten unterlegt sein.« Das Angebot der Schweiz, mehr Zinsen nach Deutschland abzuführen, ohne die Kontoinhaber zu nennen, sei kein Ersatz für die OECD-Standards. Das deutsche Gesetz betrifft nach bisherigen Plänen alle Konten in Ländern, die sich nicht an diese Standards halten.
Unionsfraktionsvize Michael Meister plädierte in der »Berliner Zeitung« dafür, das Gesetz so lange zurückzustellen, bis klar sei, welche internationalen Maßnahmen getroffen werden. Zudem sei es »zu scharf formuliert«. Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, warnte indes vor einem Scheitern. »Es wäre ein gravierender Fehler, wenn dieses Gesetz nicht kommt«, sagte er im Inforadio. Die betroffenen Staaten hätten erst reagiert, nachdem man ihnen gedroht habe, sie auf die Schwarze Liste zu setzen. Grünen-Politiker Jürgen Trittin kritisierte, während international endlich erste bescheidene Erfolge beim Kampf gegen Steueroasen erzielt würden, zeige die Union ihr wahres Gesicht. »Freiherr zu Guttenberg lässt keine Gelegenheit aus, sich unter dem Deckmantel der Ordnungspolitik als Freibeuter der Wohlhabenden und Besitzeliten zu profilieren«, so Trittin.
Das amtierende Staatsoberhaupt von Liechtenstein, Erbprinz Alois, schlägt nach der Aufweichung des Bankgeheimnisses eine Amnestie für Steuerflüchtlinge vor. Liechtenstein werde Ländern wie Deutschland zwar entgegenkommen, müsse aber seine Interessen wahren und die Kunden schützen.
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