MdB Axel Troost: Der Wolf im Schafspelz
Rede zum Gesetzentwurf zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes
Die Bundesregierung will die gesetzlich gesicherte Mindestsumme für Spareinlagen und Wertpapiere erhöhen. Ab dem 30. Juni 2009 sollen 50.000 Euro pro Person garantiert sein, ab dem 1. Januar 2011 sogar 100.000 Euro. Bisher lag der gesicherte Betrag bei maximal 20.000 Euro.
Gewöhnlich mag man denken, wir hätten es mit einem Fortschritt zu tun. Tatsächlich jedoch ist es nicht der Verbraucherschutz, der dieses Gesetz angestoßen hat. Wir laufen sogar Gefahr, als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zur Kasse gebeten zu werden. Um diesen Zusammenhang zu verdeutlichen, erzähle ich zunächst etwas zum Hintergrund des Gesetzes. Anschließend komme ich auf die entscheidende Frage, wie zahlungsfähig die Einlagen- und Wertpapiersicherung ist. Diese Frage bekommt umso mehr Gewicht, als dass wir uns in einer Krise befinden.
Zum Hintergrund des Gesetzes: Die Finanzwelt steckt bereits mitten in der Krise, da verkündet Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung: „Kein Sparer muss um seine Einlagen fürchten. Diese Zusage gilt.“ Das war am 7. Oktober 2008. Nach diesem Versprechen frage ich mich, warum wir über ein Gesetz reden, das hinter diese Zusage zurückfällt. Aber es soll nicht meine Aufgabe sein, die Widersprüche der Regierung zu rechtfertigen. Fakt ist: Die europäische Kommission will nun einen Wettlauf um die besten Garantien verhindern und deshalb die Mindestsumme europaweit anheben. Das Ziel dabei lautet: Bürgerinnen und Bürger zu beruhigen, damit sie ihr Geld bei den Banken lassen. Denn für die Banken wäre es möglicherweise fatal, würden Kundinnen und Kunden zuhauf ihre Konten zu räumen. Doch unumgänglich stellt sich hier die folgende Frage: Wie zahlungsfähig ist die Einlagen- und Wertpapiersicherung? Und: Wer zahlt, wenn der Sicherungsfonds erschöpft ist?
Alle deutschen Einlagensicherungen zusammengenommen – gesetzliche wie freiwillige – könnten keinen Einlagenverlust bei der Deutschen Bank auffangen. Weltweit ist kein Einlagensicherungssystem in der Lage, Schieflagen bei größeren Geldhäusern zu beheben. Die Fonds sind einzig dazu angelegt, Schwierigkeiten bei kleinen und mittleren Instituten auszugleichen. Wie sollen sie da krisentauglich sein? Der Jahresbeitrag je Kreditinstitut ist hier zu Lande nicht mehr als ein symbolischer Obolus: 0,008 Prozent der Verbindlichkeiten gegenüber Kundinnen und Kunden. Bei der Wertpapiersicherung ist es ähnlich.
Symbolisch bleiben auch die im Gesetzentwurf vorgesehenen Nachbesserungen zum Fondsvolumen der gesetzlichen Einlagensicherung. Zwar soll der Fonds Sonderbeiträge fordern und Kredite aufnehmen dürfen. Für anfallende Zins- und Tilgungszahlungen können wiederum Sonderzahlungen erhoben werden. Doch alles zusammen darf das Fünffache des Jahresbeitrags nicht überschreiten. Mehr sei nicht zumutbar. Der unbeschränkte Rest wird stattdessen den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zugemutet, wenn verlorene Einlagen eingefordert werden. Geht es um Bürgerinnen und Bürger, handelt die Regierung nach dem Motto: Den letzten beißen die Hunde. Geht es um die Regulierung von Banken, handelt sie – trotz blumiger Rhetorik – zahnlos.
DIE LINKE. hat einen zusätzlichen Sicherungsfonds für private Finanzinstitute vorgeschlagen, den diese selbst finanzieren: Die Finanzinstitute könnten sich untereinander vor Insolvenz schützen und damit automatisch zum Erhalt der Einlagen beitragen. Alle anderen Parteien haben diesen Antrag als unnötig abgelehnt. Wer allerdings Stabilität will, kommt nicht umhin, glaubwürdig und konsequent zu regulieren. Er kommt nicht umhin, Einkommen sozial gerecht zu verteilen, statt Vermögensblasen zu produzieren und zu erhalten. Er kommt nicht umhin, die Sozialisierung von Verlusten zu verhindern. Das wäre wahrer Schutz der Bürgerinnen und Bürger, ob als Verbraucherin oder als Steuerzahler.
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