Axel Troost: Gestaltungsspielräume nutzen - Verantwortungsvolle Kreditvergabe statt Überschuldung und Wucher
Wenn EU-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt werden, gibt es immer Gestaltungsspielräume. Gerade bei der Zahlungsdiensterichtlinie kommt es darauf an, diese zu nutzen. Nur so können wir Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer schützen. Daher lege ich mein Hauptaugenmerk auf eben diese Spielräume, die im Gesetzentwurf der Bundesregierung leider noch ungenutzt sind.
Die EU-Richtlinie sieht vor, den europäischen Zahlungsverkehr zu vereinheitlichen. Dazu zählt, auch Institute ohne Bankerlaubnis zum Zahlungs- und Kreditgeschäft zuzulassen. Konkret: Mobilfunkbetreiber, Kreditkartenanbieter und Einzelhandelsunternehmen können bald Geldgeschäfte abwickeln, ohne mit einer zugelassenen Bank zusammenzuarbeiten. Da klingeln sicherlich bei vielen die Alarmglocken, was das für den Verbraucherschutz oder die Finanzstabilität bedeutet. Die Alarmglocken läuten völlig zu Recht und hoffentlich auch im Bundestag laut genug.
Der Sinn der Richtlinie besteht darin, den Zahlungsverkehr zu vereinheitlichen – nicht mehr und nicht weniger. Genau da können und müssen wir ansetzen. Auf genau dieses Ziel müssen wir die Freigabe von Kreditgeschäften beschränken. Und in der Tat: Die Richtlinie überlässt es dem nationalen Gesetzgeber, die Grenzen abzustecken – zwischen Zahlungsverkehr einerseits und weiterreichender Kreditvergabe andererseits. Weil genau dieser Spielraum im vorliegenden Gesetzentwurf nicht sinnvoll genutzt wird, hat die Linke im Finanzausschuss noch auf Änderungen gedrungen. Unser entsprechender Änderungsantrag ist aber leider – ich würde sogar sagen: gegen besseres Wissen – abgelehnt worden.
Wir haben eine Änderung von § 2 Abs. 3 zur exakteren Definition des Erlaubnisvorbehalts vorgeschlagen. Die von uns vorgeschlagene Formulierung hätte eine klare einschränkende Definition zu dem Verhältnis von Zahlungsvorgang und Kreditgewährung dargestellt. Sie hätte einerseits Gewähr dafür geboten, dass den Notwendigkeiten des Zahlungsverkehrs Rechnung getragen wird, und andererseits die Gefahr der Überschuldung durch Kreditkartenkredite weitgehend gebannt. Dabei haben wir auch der von der Bundesregierung vorgetragenen Auffassung widersprochen, dass der Schutz vor Wucher und Überschuldung ausschließlich zivilrechtlich, nicht aber aufsichtsrechtlich bewerkstelligt werden könne.
Es geht uns darum, klar zu definieren und einzugrenzen, welche Kreditgeschäfte ohne Bankzulassung getätigt werden dürfen. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung hingegen überlässt das der freien Gestaltung der Anbieter. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Nicht-Banken weiterhin unentgeltlich Kurzkredite vergeben – etwa beim Kauf eines Kühlschranks, eines Fernsehers oder einer Musikanlage.
Was jedoch nicht den Bach hinuntergehen darf, sondern was wir stärken müssen, ist eine verantwortungsvolle Kreditvergabe. Wir lehnen es daher ausdrücklich ab, dass Nicht-Banken per Barabhebung am Automaten Kredite verkaufen dürfen. Hochgradig tückisch sind auch Geschäfte mit Kreditkarten, deren Zinsen sich danach richten, wann jede einzelne Zahlung erfolgt: Es reicht dann nicht, den ausstehenden Gesamtbetrag im Blick zu haben. Vielmehr muss man jede einzelne Zahlung im Kopf behalten. Denn vom Zeitpunkt jeder Zahlung hängt ab, wie hoch und wie lange der Teilbetrag verzinst wird. Die fehlende Transparenz birgt die Gefahr, sich zu überschulden oder schlicht mehr zu zahlen als nötig. Schuldnerberatungen aus den USA und Großbritannien verweisen auf eine Vielzahl von Fällen, in denen sich aus Zinseszinsen erdrückende Überschuldungssysteme entwickelt haben.
Wir fordern: Kreditverträge müssen transparent sein. Und die Kreditvergabe muss über die gesamte Laufzeit fair erfolgen. Dafür tritt die Linke ein. Wir wollen, dass entgeltliche Ratenkredite von über zwölf Monaten nur durch reguläre Banken vergeben werden. Reguläre Banken unterliegen im Gegensatz zu anderen Anbietern der regulären Bankaufsicht.
Auch brauchen Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer wirksame Mittel, um ihre Rechte zu vertreten. Ebenso wie Verbraucherschutzorganisationen halten wir es deshalb für dringend geboten, die Informationsfreiheit zu wahren. Das heißt: Beweise, die der Finanzaufsicht vorliegen, müssen auch den Beschwerdeführern zugänglich sein.
Die europäische Richtlinie bietet diese Spielräume. Es ist unsere Aufgabe, sie zu nutzen.
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