HRE: Axel Troost im Interview - »Der Ausschuß wird weitere Fehler vermeiden«
Die Linksfraktion hat am Dienstag beschlossen, Sie als ihren Vertreter in den Untersuchungsausschuß zur Aufklärung der Vorgänge um die Pleitebank Hypo Real Estate, HRE, zu schicken. In wenigen Wochen beginnt die Sommerpause des Bundestages, danach steht die Neuwahl an – was kann der Ausschuß bis dahin überhaupt noch aufklären?
Wir haben versucht, bei der Formulierung des Auftrages darauf Rücksicht zu nehmen. Ich glaube, daß man in den sechs, sieben Sitzungen, die noch möglich sind, den Untersuchungsauftrag durchaus erfüllen kann. Der Ausschuß ist auf jeden Fall mehr als nur ein Wahlkampfknüppel – er wird möglicherweise in der nächsten Legislaturperiode mit erweiterter Fragestellung fortgesetzt. Das heißt, dann ginge es nicht mehr nur um die HRE, sondern generell darum, wie es zu diesem Desaster auf den Finanzmärkten kommen konnte. Dazu gehört auch die Frage, welche Rolle dabei die Bankenaufsicht gespielt hat.
Die meisten Abgeordneten sind da wohl in einer ähnlichen Lage wie der normale Zeitungsleser: Kaum jemand versteht, worum es bei dieser sogenannten Bankenrettung eigentlich geht. Wie will ein Untersuchungsausschuß da etwas aufklären? Und wie will er das vermitteln?
Es gibt genügend Sachverständige, die sehr differenziert mit diesem Thema umgehen können. Es ist halt kompliziert: Wir haben da z. B. Banken, die vor der Insolvenz stehen und trotzdem im ersten Quartal dieses Jahres eine Milliarde Euro Überschuß erwirtschaftet haben. Das ist nicht unbedingt ein Widerspruch – denn das eine geht auf das normale Bankgeschäft zurück, das andere auf sogenannte faule Papiere. Wir müssen diese komplexen Zusammenhänge so aufarbeiten, daß sie verständlich werden.
Die HRE wurde bislang mit Garantien und Direkthilfen von gut 100 Milliarden Euro aus Steuermitteln am Leben erhalten. Kann ein Untersuchungsausschuß dazu beitragen, daß dieses Geld nicht verloren ist?
87 Milliarden kommen aus öffentlichen Mitteln, 15 von anderen Banken – was zusammen 102 Milliarden Euro ergibt. Die Einsetzung dieses Ausschusses wird zumindest dazu führen, daß nicht noch weitere Fehler begangen werden.
Woher wird diese ungeheure Summe eigentlich genommen? Muß letztlich der Steuerzahler dafür geradestehen?
Das sind in diesem Fall ausschließlich Bürgschaften, von denen ein großer Teil wohl nie fällig werden wird. Dafür müssen die Banken auch noch Gebühren bezahlen – somit hält sich der Ausfall an Steuermitteln in Grenzen. Die Linkspartei besteht allerdings darauf, daß der Staat, der mit Hilfe des Enteignungsgesetzes die HRE zu 100 Prozent übernimmt, sich auch die entsprechenden Einflußmöglichkeiten sichert.
Weshalb gilt die HRE überhaupt als Bank, die im Interesse des gesamten Finanzsystems gerettet werden muß?
Die HRE war zwar in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt – sie gehörte aber zu den DAX-Unternehmen, das heißt zu den 30 größten Firmen dieses Landes. Sie war in großem Umfang im Pfandbriefgeschäft aktiv, ihre Gläubiger sind Sparkassen, Berufsgenossenschaften, Versorgungseinrichtungen von Unternehmen etc. Die könnten alle in die Schieflage kommen, wenn wir die HRE pleite gehen ließen. Die Folge wäre dann eine Art Flutwelle, die die gesamte Volkswirtschaft beschädigt.
Da es um viel Geld und damit auch Geschäftsgeheimnisse geht, werden so manche Informationen, die im Ausschuß ans Licht kommen, wohl kaum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht …
Da wird es mit Sicherheit einige Geheimhaltungspflichten für die Ausschußmitglieder geben. Wir als Linke werden auf jeden Fall darauf drängen, daß möglichst viele Informationen veröffentlicht werden. Und ich bin sicher, daß das auch im Interesse der beiden anderen Oppositionsparteien ist.
Sie müssen sich dann auch der Geheimhaltung unterwerfen?
Sicher. Aber es wird auch viele Ergebnisse geben, die die Öffentlichkeit erreichen.
Interview: Peter Wolter
junge Welt, 22. April 2009
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