Troost: Müntefering entdeckt Keynes
Pressemitteilung
Müntefering: Wiederentdeckung von Keynes
Müntefering fordert heute in der Frankfurter Rundschau, die Politik solle einen „Anschub geben für die Konjunktur“. Die SPD setzt auf Konjunkturpolitik. Das ist gut so.
Die Orientierung auf aktive Konjunkturpolitik der Öffentlichen Hand ist nicht gerade selbstverständlich bei Sozialdemokraten. Man darf an Sparkommissar Eichel erinnern, der gebetsmühlenhaft verkündete, in Zeiten der Globalisierung sei staatliche Konjunkturpolitik Teufelszeug. Sei’s drum, Kurswechsel ohne innerparteiliche Debatten sind nichts Neues in der SPD.
Der Schwenk ist allerdings überfällig. Nicht nur, weil unter rot-grün die öffentlichen Investitionen lawinenartig abgestürzt waren. Nicht nur, weil die Mehrwertsteuer-Erhöhung um drei Prozent dem kleinen Pflänzchen Konjunkturbelebung das Wasser abgraben wird – wie inzwischen durchweg alle Ökonomie-Experten/-innen unterstreichen.
Müntefering scheint zu ahnen, dass sich neue Gefahren am Konjunkturhimmel zusammenbrauen. So schreibt das Handelsblatt gestern auf seiner Online-Seite, Volkswirte warnten vor dem „Schreckgespenst Rezession“ und sagten für 2007 ein schrumpfendes BIP voraus. Schrumpfung statt Wachstum, das ist die Debatte. Der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen steht auf dem tiefsten Stand seit fünf Jahren. Ich verweise auch auf deutliche Anzeichen einer Abkühlung der US-Konjunktur.
Müntefering blendet nur eine kleine Sache aus: Zu einer Rücknahme der Mehrwertsteuer-Erhöhung und der drastischen Sozialkürzungen, die immerhin die Massenkaufkraft um 20 Mrd. in 2007 beschneiden, fehlt ihm der Mut.
Das ist aber entscheidend: Die aktuelle Belebung stützt sich wesentlich auf Exporte und Dumpinglöhne, mit denen die deutsche Wirtschaft durch die jahrelange Lohnzurückhaltung die ausländische Konkurrenz attackiert. Wenn der Einbruch aus den USA herüber schwappt, ist es aus mit dem Konjunkturfrühling, weil der Binnenmarkt nicht mitzieht.
Dennoch gilt uneingeschränkt: Wenn sie denn ernst gemeint ist, wird die Linksfraktion die Wiederentdeckung von Keynes durch den Bundesarbeitsminister unterstützten.