Steueroasen im Goldenen Stern
Ausstellung des globalisierungskritischen Netzwerks Attac in Borna/Sachs. eröffnet
Borna. Vorgestern Abend luden Wolfgang Franke vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac und der Linken-Bundestagsabgeordnete Axel Troost zur Eröffnung der Ausstellung "Steueroasen" im Goldenen Stern ein. Eine derartige Schau gastiert damit erstmals in Ostdeutschland. Mit der Ausstellung soll über Steuer- und Regulierungsoasen informiert sowie "die Thematik anschaulich gemacht werden", erklärte Attac-Leipzig-Mitglied Franke.
Steueroasen seien Länder, in denen private Anleger ihr Geld anlegen, um sie den Steuerbehörden ihrer Heimatländer zu entziehen. Auch Unternehmen ließen sich dort nieder, um ihre "finanzielle Privatsphäre" zu schützen, erklärte Franke. Die Auswirkungen davon seien weitreichend, sagte Troost: "Ein Gemeinwesen kann nicht funktionieren, wenn Reiche und Superreiche ihr Vermögen an der Steuer vorbeiführen." Dadurch würden dem Staat erhebliche Mittel verloren gehen. Franke veranschaulichte das an einem Beispiel: Würde ein Unternehmen einen Gewinn von einer Million Euro in Deutschland versteuern, müsste es 430000 Euro abführen. In Zürich liege die steuerliche Belastung bei nur 117000 Euro, in manchen Kantonen der Schweiz sogar noch darunter.
Regulierungsoasen wiederum seien für den weltweiten Wertpapierhandel sehr attraktiv, sagte Franke weiter. In manchen Länder, etwa in der Südsee, gebe es keine oder kaum staatliche Regulierungen des Finanzmarktes. Die Aufsichtsbehörden der betreffenden Länder müssten nicht informiert werden, oder es gebe laxe Eigenkapitalvorschriften. Deshalb könne dort relativ problemlos mit riskanten Wertpapieren gehandelt werden. Das sei auch einer der Auslöser der weltweiten Finanzkrise gewesen, so Franke.
Anschließend wurde der 90-minütige Dokumentarfilm "Lets make Money" gezeigt. Darin zeigt Regisseur Erwin Wagenhofer die Hintergründe des weltweiten Handels und betrachtet die Aktivitäten des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank kritisch.
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac trete für eine Reform des internationalen Finanzsystems ein, so Franke. Damit sollten auch Steueroasen beseitigt werden. "Die Deregulierungen auf dem internationalen Finanzmarkt der letzten Jahren müssten zurückgenommen werden, um dem Problem zu begegnen", nannte Franke eine der Forderungen von Attac. Die Akteure sollten "an die Kandare genommen werden", Banken demnach gezwungen werden, Auskünfte über Steuersünder zu geben, Hegdefonds kontrolliert werden. Dazu müsse zunächst Deutschland seine Gesetzgebung reformieren "und dann ein Vorreiter innerhalb der EU werden", sagte Franke. Auf einer zweiten Ebene solle an den Gemeinschaftssinn der Bürger appelliert werden. "Es muss den Menschen klar gemacht werden, dass Steuerflucht allen schadet." Dazu solle auch eine öffentliche Debatte angestoßen werden, um "die neoliberalen Dogmen zu entkräften." Franke verwies damit auf den Zweck der Veranstaltung im Goldenen Stern.
"Die Ausstellung in Borna ist ein Experiment", sagte Troost. In einer Stadt dieser Größenordnung finde sie erstmals statt. Bislang wurde sie nur in Basel, Berlin oder Wien gezeigt. "Das Thema ist nicht nur für junge Leute oder Studenten geeignet", so Troost. Jeder könne Wirtschafts- und Finanzpolitik verstehen, wenn sie gut erklärt würde. Für diese "ökonomischen Alphabetisierung" wäre diese Ausstellung bestens geeignet.
Obwohl der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück von großen Fortschritten im Kampf gegen die Steueroasen gesprochen habe, hält Troost das Problem längst nicht für gelöst. Deshalb habe er sich seit zwei Jahren intensiver damit beschäftigt. Als Abgeordneter für die Region und Attac-Mitglied sei es ihm deshalb wichtig gewesen, die Ausstellung in die Große Kreisstadt zu holen.
Termine für die Besichtigungen können mit der Stadtverwaltung vereinbart werden. Das Angebot richte sich auch an Schulklassen, wie René Jalaß vom Linken-Kreisverband erklärt.
Marco Irrgang
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