Das Recht, sich falsch zu entscheiden
Verbraucherschützer und Politiker diskutieren über die Finanzaufsicht
Berlin - Darf ein Bankberater einem Kunden ein Produkt verkaufen, dass so kompliziert ist, dass er es selbst nicht versteht? Oder sollte der Staat solche Produkte verbieten? Wo hört der Verbraucherschutz auf und wo fängt die Bevormundung an? Um diese Fragen ging es am Dienstag bei einer Tagung Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV) zum Thema Finanzaufsicht, die in den Räumen des Tagesspiegels stattfand.
,„Es mangelt in Deutschland an einer Aufsicht darüber, wie Beratung stattfindet und ob die Protokollpflicht eingehalten wird“, sagte Gerd Billen, Chef des VZBV. Er rief die Bundesregierung erneut dazu auf, bei der anstehenden Reform der Finanzaufsicht den Verbraucherschutz als eine der Hauptaufgaben zu verankern. Die Vertreter aus allen fünf Bundestagsfraktionen stimmten Billen in diesem Punkt zu. Uneinig waren sie sich darüber, wie diese Aufgabe ausgestaltet sein soll – und wer die Zuständigkeit dafür bekommt. Noch teilen sich in Deutschland die Bundesbank und die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin die Kontrolle über die Banken. Union und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Aufsicht bei der Bundesbank zusammenzuführen. Passiert ist bislang aber nichts.
Der Grünen-Abgeordnete Gerhard Schick sagte: „Wir haben in Deutschland ein Durchsetzungsdefizit“. Keine der Behörden überprüfe, ob die Regeln, die für die Bankberatung gelten, eingehalten würden. In Großbritannien etwa mache die Aufsicht regelmäßig Testkäufe. Schick wünscht sich zudem, dass die Aufsicht intransparente Produkte verbieten darf, Zertifikate etwa, die niemand verstehe und mit denen viele Leute ihr Geld verloren hätten. Ralph Brinkhaus von der CDU widersprach ihm vehement: „Ich möchte, dass es weiterhin möglich ist, dass der Verbraucher Fehlentscheidungen treffen kann.“ Wer ein riskantes Produkt haben wolle, müsse es auch kaufen dürfen. Sein FDP-Kollege Erik Schweickert pflichtete ihm bei: „Bei komplexeren Produkten darf man verlangen, dass sich der Verbraucher vorab informiert.“
Axel Troost (Die Linke) forderte einen Finanz-Tüv, der Produkte auf ihre Verbraucherfreundlichkeit hin überprüft, bevor sie auf den Markt kommen. Dasselbe fordern auch die Verbraucherschützer. Der SPD-Abgeordnete Manfred Zöllmer hingegen sagte: „Der Staat kann nicht entscheiden, ob ein Produkt sicher ist oder nicht.“ Die Banken müssten die Risiken aber transparent machen. Dasselbe will CDU-Mann Brinkhaus. Zudem findet er wichtig, dass die Kunden lernen, dass sie ihrem Bankberater nicht uneingeschränkt vertrauen dürfen. „Da kann jemand sitzen, der nur Geschäfte machen will – genau wie ein Gebrauchtwagenhändler.“
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