Die Bank für Dich und mich
Von Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Wie sich DIE LINKE die Vergesellschaftung des Bankensektors vorstellt
Die inzwischen vier Jahre andauernde Finanzkrise hat deutlich gemacht, dass das derzeitige System weltweit verflochtener Großbanken, die in hohem Maße riskante Finanzmarktgeschäfte betreiben, ökonomisch und gesellschaftlich keine Existenzberechtigung hat.
DIE LINKE fordert daher, dass die Banken auf eine Zubringerfunktion für die Gesellschaft und ihre (Real-)Wirtschaft zurechtgestutzt werden. Die Geschäftstätigkeit der Banken muss daher gesetzlich 1. auf die Organisation des Zahlungsverkehrs, 2. auf das Einlagengeschäft (einfache und sichere Möglichkeiten zur Ersparnisbildung) und 3. auf die Finanzierung gesamtwirtschaftlich und gesellschaftlich sinnvoller öffentlicher und privater Investitionen (d.h. Kreditvergabe) beschränkt werden. Diese Kernfunktionen Zahlungsverkehr, Einlagengeschäft und Finanzierung (kurz ZEF genannt) finden sich bereits heute als zentrales Geschäftsmodell der Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken, die sich in der Krise als besonders stabil und für die Kreditversorgung äußerst wichtig erwiesen haben. Eine Rückbesinnung auf diese Kern-Geschäftstätigkeit muss durch eine Vergesellschaftung flankiert werden, d.h. durch eine demokratische Einbettung der Banken in ihr ökonomisches und gesellschaftliches Umfeld.
Bislang ist das Bankensystem in Deutschland durch drei Säulen geprägt: 1. eine öffentlich-rechtliche Säule mit den lokalen Sparkassen und den überregional tätigen Landesbanken, 2. eine genossenschaftliche Säule mit den Volks- und Raiffeisenbanken vor Ort und zwei großen Zentralinstituten DZ-Bank und WGZ-Bank und 3. eine Säule mit privaten Banken. Diese dritte Säule besteht im wesentlichen aus den börsennotierten Großbanken und einer Vielzahl kleiner privater Geldhäuser. (Nicht erst) In der Krise wurde deutlich, dass der hauptsächliche Veränderungsbedarf bei den Privatbanken, allen voran den Großbanken, und bei den Landesbanken besteht. Dort sind nicht nur die höchsten Verluste zu verzeichnen. Diese beiden Bankengruppen haben sich auch am stärksten von den ZEF-Kernfunktionen entfernt.
Ein Neuanfang im Bankensektor erfordert eine konsequente Bilanzbereinigung. Die Banken müssen ihre Bilanzen schonungslos offenlegen und die bisher verschleierten Verluste abschreiben. Die meisten Privat- und Landesbanken werden diesen Schritt nicht überleben, da dadurch ihr Eigenkapital aufgebraucht wird und sie dann von der Finanzaufsicht geschlossen werden müssen. Grundsätzlich sollten Banken dann in die Insolvenz gehen. Sofern von ihrer Pleite aber aufgrund ihrer Größe und Verflechtung eine Bedrohung für das Finanzsystem ausgehen würde – was leider bei den privaten Großbanken und Landesbanken der Fall ist – müssen sie zur Abwendung noch schlimmerer Kettenreaktionen durch neues Kapital von Staat („staatliche Rekapitalisierung“) gestützt und damit zugleich in öffentliches Eigentum überführt.
Wünschenswert ist dabei ein Zusammenschrumpfen des deutschen Bankensektors auf zwei Säulen: eine genossenschaftliche und eine öffentlich-rechtliche Säule. Auf lokaler Ebene soll es nur noch Sparkassen einerseits und Volks- und Raiffeisenbanken andererseits geben. Auf der über-kommunalen Ebene sollten aus den (in die öffentliche Hand überführten) Geschäfts- und Landesbanken neue Spar-Regional-Kassen geformt werden. Viele Finanzdienstleistungen (wie z.B. die flächendeckende Bargeldversorgung an Geldautomaten) werden durch eine Stärkung der Zusammenarbeit innerhalb der jeweiligen Säule bundesweit einheitlich angeboten. Diese Stärkung des Verbundgeschäfts ermöglicht trotz der im Vergleich zu heute dezentraleren Bankenstruktur auch große Finanzierungen und die Unterstützung im Auslandsgeschäft. Durch diese Rosskur wird der Bankensektors bilanztechnisch drastisch zusammengeschrumpft, gleichzeitig wird dadurch die Machtposition des Finanzsektors gegenüber Politik und Realwirtschaft stark zurückgedrängt.
Ob lokal oder regional: öffentlich-rechtliche und genossenschaftliche Banken werden nach dem Vorbild der Sparkassen in ihren Satzungen verbindlich auf Gemeinwohlorientierung und auf ein Geschäftsmodell entsprechend den ZEF-Kernfunktionen festgelegt. Die Kontrollorgane (Verwaltungs- bzw. Aufsichtsräte) der Banken sind in ihren Kompetenzen zu stärken und personell durch Vertreter gesellschaftlicher Organisationen wie z.B. Gewerkschaften, Naturschutz- und Umweltverbände, Verbraucherschützer, soziale Einrichtungen und Bewegungen, Sozialverbände etc. zu erweitern. Die Mitglieder der Kontrollorgane müssen eine demokratische Legitimation haben, ggf. durch direkte Wahl. Darüber hinaus werden Beiräte z.B. zu Fragen der gesamtwirtschaftlichen Kreditsteuerung oder zur Entwicklung einzelner Branchen eingerichtet.
Eine Vergesellschaftung der Banken, d.h. ihre gesellschaftliche Einbettung und Kontrolle, ist unmöglich, solange die Bevölkerung das Finanzsystem nicht in Grundzügen versteht. Das derzeitige Finanzsystem ist nicht zu verstehen, auch die sogenannten Experten tappen weitgehend im Dunkeln. Ein zukunftsfähiges Finanzsystem muss daher einfacher und verstehbar sein. Ggleichzeitig muss es aber eine Aufklärungs- und Bildungsoffensive zur Fragen des Finanz- und Wirtschaftssystems für die breite Bevölkerung geben, denn sonst bleibt jede gesellschaftliche Kontrolle ein hoffnungslos naiver Wunsch.
Für eine detailliertere Darstellung der Umbaupläne für den Bankensektor siehe im Anhang "Den Bankensektor neu ordnen - und mit der Vergesellschaftung beginnen«