Weniger Freiheiten für Finanzbranche EU-Parlament verschärft Vorschläge zu neuen Regeln bei Geldgeschäften
Von Kay Wagner
Am Freitag nahm das Europaparlament die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) mit großer Mehrheit an. Sie soll die Stellung der Verbraucher stärken.
Die Beschlüsse sind noch nicht endgültig, aber immerhin ein Zeichen: Das Europaparlament will für einige Finanzgeschäfte neue Regeln einführen mit dem Ziel, reines Profitstreben zugunsten des Schutzes von Anlegern und Gesellschaften einzuschränken. Mit überwältigender und fraktionsübergreifender Mehrheit nahm am Freitag das Plenum der europäischen Volksversammlung entsprechende Detailregelungen an.
Bevor daraus jedoch gültige EU-Gesetze werden, müssen die Beschlüsse noch mit den Positionen der Mitgliedsländer in einem so genannten Trilogverfahren abgeglichen werden. Unterschwellig ließen einige Abgeordnete bereits anklingen, dass das zu einer Abschwächung des ein oder anderen Beschlusses führen werde. Aber zunächst feierten sich die Volksvertreter dafür, die ursprünglichen Vorschläge der EU-Kommission verschärft zu haben. »Auch wenn wir in einigen Punkten sicher weiter hätten gehen können«, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Sven Giegold.
Für seine Fraktion wäre das vor allem bei der Frage der Provisionen wünschenswert gewesen. Also bei dem Geld, das Berater erhalten, wenn sie Finanzprodukte verkaufen. Die Grünen hätten gern ein EU-weites Verbot der Provisionen durchgesetzt. Sie würden Berater dazu verleiten, vor allem solche Finanzprodukte anzubieten, bei denen sie am meisten Geld verdienen, und nicht die Produkte, die am besten für die Kunden seien. In Großbritannien zum Beispiel gibt es bereits ein Provisionsverbot.
Doch vor allem die Sozialdemokraten sind dagegen. Sie befürchten, dass dann Anleger mit wenig Geld gar nicht mehr beraten würden - für Giegold kein haltbares Argument. Der beschlossene Text sieht jetzt vor, dass es jedem EU-Mitgliedsland freigestellt bleibt, Provisionen zu verbieten oder nicht. In Ländern, wo sie erlaubt bleiben, muss der Kunde darüber aufgeklärt werden, wie viel Geld der Berater für das angebotene Finanzprodukt bekäme.
Strittig bis zum Schluss blieb auch der Kompromiss zu den Börsenspekulationen mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln. Grüne und Linke hätten sich hier strengere Vorschriften gewünscht. »Um Agrarspekulation in der Zukunft einen dauerhaften Riegel vorzuschieben, müssten Investmentfonds vom Handel an den Warenterminbörsen schlichtweg ausgesperrt werden«, so Jürgen Klute (Linke) zur Maximalforderung seiner Fraktion. Der Parlamentsbeschluss sei immerhin ein Schritt in die richtige Richtung. Er sieht verbindliche Positionslimits vor. Sie sollen reine Spekulationskäufe von Spekulanten oder Hedgefonds beschränken, die nur an den Kursen, aber nicht an den realen Waren interessiert seien. Die EU-Kommission hatte diese Limits nicht verbindlich vorgesehen.
Nicht umstritten dagegen waren die Neuerungen für den Hochfrequenzhandel. Algorithmen, die Kauf und Verkauf von Börsenwerten automatisch über Computersysteme in zum Teil Bruchteilen von Sekunden erledigen, sollen vor ihrer Zulassung an den Märkten von den Handelsplätzen geprüft werden. Künftig müssen diese Algorithmen auch so programmiert sein, dass sie einen gekauften Wert mindestens eine halbe Sekunde lang halten, bevor sie ihn wieder abstoßen dürfen.
Außerdem beschlossen die EU-Abgeordneten ein Spekulationsverbot für Kommunen und lokale Behörden, um die Steuergelder der Bürger zu schützen. »Dass spekulative Handelsaktivitäten von Kommunen deutlich schief gehen können, hat die Vergangenheit leider schon zu oft gezeigt«, begründete Markus Ferber (CSU), der von allen Seiten gelobte MiFID-Berichterstatter, diese Maßnahme.
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