Angst vor dem Totalverlust - Aktionäre der spanischen Großbank Bankia reagieren mit Panikverkäufen auf Milliardenminus
Von Ralf Streck
In Spanien fürchten hunderttausende Kleinanleger um ihr Geld. Ob die Bankia noch vor der Abwicklung gerettet werden kann, ist unklar.
Der Kurs der spanischen Großbank Bankia ist zum Jahresende abgestürzt. Zwischenzeitlich war eine Aktie nur noch 36 Cent wert, nun hat sie sichwieder leicht stabilisiert und schloss am Donnerstag mit 41 Cent. Seit Jahresanfang werden Bankia-Papiere nicht mehr im Leitindex Ibex 35 geführt.
Der Absturz ist Panikverkäufen vieler Anleger geschuldet. Der staatliche spanische Rettungsfonds FROB hatte zuvor mitgeteilt, dass die Bank einen negativen Firmenwert von 4,15 Milliarden Euro hat. Die Muttergesellschaft BFA soll sogar minus 10,4 Milliarden Euro wert sein. Bankia erhielt kurz vor Silvester eine Kapitalspritze von fast 13,5 Milliarden Euro aus dem europäischen Rettungsfonds ESM. Bereits im September flossen 4,5 Milliarden Euro über den FROB an die Bank.
Noch 2011 hatten sogar einige Gewerkschaften zur Stützung der Bank durch Aktienkauf aufgerufen. Zum Teil wurden Kleinanlegern von Bankia und anderen Banken aber betrügerisch Anleihen aufgeschwatzt, über deren Risiken sie nicht aufgeklärt wurden. Das stellten Gerichte fest. Die »preferentes« (Hybridanleihen) waren nie für einfache Sparer gedacht, die nun massive Abschläge hinnehmen sollen. Beworben wurden die Papiere oft sogar damit, das Geld sei »sofort verfügbar«. Dabei stand im Kleingedruckten, dass es erst 2050 oder später zurückgezahlt wird.
Während viele der 300 000 Anleger, die die undurchschaubaren Anleihen gekauft haben, noch hoffen können, auf dem Rechtsweg an ihr Geld zu kommen, stehen Kleinaktionäre bei Bankia nun vor einem Totalverlust. Wer 2011 die Aktien für mindestens 1000 Euro bei einem Ausgabepreis von 3,75 Euro gekauft oder Hybridanleihen gegen Aktien getauscht hat, hat schon den Großteil verloren. Doch es wird noch schlimmer kommen: »Die Aktionäre werden die Ersten sein, die Verluste verkraften müssen«, ließ der FROB verlauten, weil die Kosten für die Steuerzahler gemindert werden sollen.
Spanien besitzt schon 100 Prozent der Anteile an der BFA, womit es Bankia zu 48 Prozent kontrolliert. Da letztere nun Zwangswandelanleihen begibt, die von der BFA gezeichnet werden, steigt die Staatsbeteiligung. Es folgt eine Kapitalherabsetzung, die zu einer Wandlung der Anleihen in Bankia-Stammaktien führt. Durch die Rekapitalisierung über die Milliardenspritze werden die Anteile der Minderheitenaktionäre massiv verwässert. Insider berichten, dass die Aktien in Zukunft nur noch »Symbolwert« haben werden.
Ob mit der neuen Kapitalspritze eine stabile Bank entsteht, ist umstritten. Die BFA Bankia musste bereits gut 23 Milliarden Euro in eine »Bad Bank« auslagern, wo neue Verluste für Steuerzahler drohen. In Spanien fragt man sich, ob die viertgrößte Bank abgewickelt werden muss. Das Land hat bereits einen Hilfsantrag zur Bankenrettung gestellt - 2013 wird wohl ein umfassenderer folgen.
Im Parlament verhinderte bisher die Volkspartei von Ministerpräsident Mariano Rajoy eine Untersuchungskommission, die klären soll, wie es möglich war, dass Bankia in zwei Jahren ihr Kapital aufzehren und Verluste von 17 Milliarden Euro machen konnte. Vielleicht klären das auch die Gerichte: Die Bankia-Chefs werden derzeit vor dem Nationalen Gerichtshof vernommen.
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