Japans Wirtschaft auf Tiefpunkt - Die Exportnation hatte im vergangenen Jahr den kleinsten Leistungsbilanzüberschuss seit fast 30 Jahren
Von Susanne Steffen
Der Abwärtstrend der japanischen Wirtschaft gewinnt an Fahrt. Die Exportnation hat im vergangenen Jahr den kleinsten Leistungsbilanzüberschuss seit fast 30 Jahren verzeichnet. Wie das Finanzministerium am Freitag mitteilte, schrumpfte der Überschuss im Jahr 2012 auf 4,7 Billionen Yen (37 Milliarden Euro). Das ist ein Minus von gut 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der nächste Schock: Im Dezember notierte Japan den zweiten Monat in Folge ein Leistungsbilanzdefizit - zum ersten Mal seit Beginn der Erhebung vergleichbarer Daten im Jahr 1985.
Als Gründe gab das Ministerium die schwache globale Nachfrage an, sowie die Zunahme von Energieimporten in Folge des Super-GAU im Atomkraftwerk Fukushima. Während die Importe im vergangenen Jahr um 4,5 Prozent zunahmen, gingen die Exporte um 2,1 Prozent zurück.
Wegen des Fukushima-Unfalls wurden alle AKWs des Landes bis auf weiteres vom Netz genommen. Nur zwei von insgesamt 50 funktionsfähigen Atomreaktoren sind derzeit in Betrieb. Bis zur Fukushima-Katastrophe hatte Japan etwa ein Drittel seines Stroms aus Atomkraft bezogen. Im vergangenen Jahr waren allein die Flüssiggasimporte für den Betrieb von konventionellen Kraftwerken um 25,4 Prozent gestiegen.
Neben den Exporten in die Europäische Union waren die Ausfuhren nach China mit einem Minus von 10,8 Prozent besonders stark geschrumpft. Das Ministerium führte den Rückgang auf ein schwächeres chinesisches Wirtschaftswachstum sowie auf den bilateralen Inselstreit zurück. Der Konflikt eskalierte, als Japan im vergangenen September die unbewohnte, aber in rohstoffreichen Gewässern liegende Senkaku-Inselkette (in China Diaoyu genannt) verstaatlicht hatte. Im Zuge des Inselstreits kam es im vergangen Jahr zu schweren antijapanischen Ausschreitungen und Boykottaufrufen gegen japanische Produkte.
Für das kommende Jahr sehen Japans Analysten nicht mehr ganz so schwarz. »Ich denke der Leistungsbilanzüberschuss wird aber weiterhin gering sein. Denn noch ist kein Ende des Atomstopps in Sicht. Die Energieimporte bleiben vorerst hoch«, sagte Ryoji Musha, Gründer und Chefanalyst der Denkfabrik Musha Research der dapd. Ein schwächerer Yen werde dagegen die Exporte beflügeln und den Überschuss verbessern.
Mittelfristig rechnen Analysten mit einer weiteren Abschwächung des Yen, nicht zuletzt, da Premierminister Shinzo Abe Druck auf die Zentralbank ausübt, die Geldpolitik noch weiter zu lockern. Mitte März wird Masaaki Shirakawa als Direktor der Bank of Japan (BOJ) vorzeitig sein Amt aufgeben. Abe hat dadurch die Möglichkeit, den Führungsposten der BOJ mit seinem Wunschkandidaten zu besetzen, der den Geldhahn weiter aufdreht. Der Regierungschef warnte am Freitag erneut, das Zentralbankgesetz notfalls zu ändern, falls die BOJ-Politik nicht zu einem Ende der Deflation führe. »Wenn keine Ergebnisse zu erkennen sind, wird sich die Frage nach einer Änderung des BOJ-Gesetzes stellen«, erklärte Abe .
Seit er Ende vergangenen Jahres im Wahlkampf versprach, mit allen Mitteln den Höhenflug des Yen zu stoppen, hat die japanische Währung knapp 14 Prozent gegenüber dem Dollar verloren.
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