Schäuble tändelt mit der Bankenregulierung
Von Lucas Zeise
Merkel und Schäuble haben am Mittwoch im Kabinett ein neues Bankenregulierungsgesetz auf den Weg gebracht. Selbst regierungshörige, lammfromme Journalisten haben begriffen, daß es sich hier um Wahlkampf ohne weitere politische Bedeutung handelt. Der Gesetzentwurf sieht so populäre Dinge vor wie Haftstrafen für Banker, die das Risiko der Bankgeschäfte nicht angemessen überwachen, oder die Trennung der Eigenhandelsaktivitäten der Bank vom übrigen Geschäft. Herr Kemmer vom Bundesverband deutsche Banken sprach pflichtschuldigst von drohender Überregulierung. Herr Steinbrück, Kanzlerkandidat der SPD, und Herr Trittin, Spitzenkandidat bei den Grünen, sagten, diese Maßnahmen gingen ihnen nicht weit genug.
Da haben die beiden ausnahmsweise recht. Einschließlich der scheinradikalen Gefängnisstrafen ist der Gesetzentwurf aus dem Finanzministerium ein schlechter Scherz. Man erinnere sich: Als die Finanzkrise noch jung war, hat der damals frisch gewählte US-Präsident Obama eine Kommission zur Bankenregulierung mit dem Ziel eingesetzt, das Investment-Banking vom gewöhnlichen Kredit- und Einlagengeschäft zu trennen. Das war ein Vorschlag mit erheblichem historischen Renommee, denn in Präsident Roosevelts New Deal der 1930er Jahre spielte die Aufspaltung der Banken eine wesentliche Rolle, weil sie zugleich deren Entmachtung bedeutete. Erst Ende der neunziger Jahre wurde unter Präsident Clinton die Trennung von Investmentbanken und Kreditbanken aufgehoben. Das war der Schlußpunkt eines Jahrzehnte dauernden Deregulierungsprozesses.
Die von Obama eingesetzte Kommission empfahl tatsächlich, zur Trennung zurückzukehren, und ein entsprechendes Gesetz wurde verabschiedet. Allerdings handelt es sich hier, anders als zu Roosevelts Zeiten, nur um einen formalen Akt. Denn die separaten Investmentbanken bleiben Teil des Gesamtkonzerns. Die Macht der großen Bankkonzerne bleibt unangetastet. Im Gesetz ist dafür gesorgt, daß die Konzernspitzen den Durchgriff auf die regulatorisch getrennten Investmentbanktöchter weiterhin haben.
In Europa ging die Bankenrettung ebenso schnell wie in den USA, die überall geforderte schärfere Regulierung aber fand nicht einmal zum Schein statt. Eine auf EU-Ebene eingesetzte Kommission unter dem finnischen Zentralbankpräsidenten Liikanen empfahl erst im Oktober vorigen Jahres, volle fünf Jahre nach Beginn der Finanzkrise, eine Trennung der Bankaktivitäten ähnlich wie in den USA. Aus diesen Empfehlungen strickt die EU-Kommission nun eine Vorlage, damit dies irgendwann einmal auch in den Mitgliedsländern Gesetz werden soll. Schäubles Bankenregulierungsgesetz kommt dafür zu früh und bleibt selbst hinter dem kümmerlichen Liikanen-Bericht zurück. Das Beste, was über Schäubles Gesetzentwurf gesagt werden kann, ist daß er nie Gesetz wird.
Während sich Merkel und Schäuble solche Tändeleien erlauben, sind sie zugleich dabei, zugunsten der Banken im Euro-Gebiet ein System der Staatsbeihilfen zu installieren, das die Banker selber bedienen dürfen.
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