G20: Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners
Von Axel Troost
Beim G20-Gipfel in St. Petersburg hat die amtierende Bundesregierung ihren letzten großen internationalen Auftritt. Aus finanzpolitischer Sicht ist der Fehlschlag schon vorprogrammiert. Denn sowohl bei Maßnahmen gegen aggressive Steuervermeidung durch internationale Firmen und bei der Regulierung der Schattenbanken sind die Vorentscheidungen längst gefallen.
Zögerlicher Aktionsplan gegen Steuervermeidung
Ganz legal rechnen große Konzerne ihre Gewinne klein, um damit ihre Steuerlast zu senken. Zwischen den steuerlich erfassten Gewinnen deutscher Konzerne und der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung klafft eine Gewinnlücke von 60 bis 90 Milliarden Euro, die ohne Steuertricks nicht erklärt werden kann. Gerade transnationale Konzerne halten dafür eine ganze Steuervermeidungsindustrie in Arbeit.
Die Konzernbesteuerung sollte ein großes Thema des G20-Gipfels werden. Die Industriestaatenvereinigung OECD hatte dafür im Vorfeld einen Aktionsplan vorgelegt. Aber er wurde im Konsens beschlossen und fällt entsprechend mau aus. Zwar nennt er Probleme beim Namen und führt auch vernünftige Gegenmaßnahmen auf. Doch er enthält vor allem Prüfaufträge und Absichtserklärungen.
Nichts anderes ist von der Gipfelerklärung zu erwarten. Die deutsche Regierung hätte im Vorfeld nachverhandeln müssen und dafür ihr politisches Gewicht in die Waagschale werfen müssen. Doch dem Wirtschaftsministerium geht bereits der laxe Aktionsplan an vielen Stellen zu weit. Er dürfte nun in den nächsten beiden Jahren weiter zerfleddert werden.
Keine eigenen Impulse zu Schattenbanken
Auch bei der Regulierung von Schattenbanken setzt die Regierung keine eigenen Impulse. Noch im März hatten die Koalitionsfraktionen im Bundestag zum G20-Gipfel „ehrgeizige Vorschläge zur weltweiten Beaufsichtigung und Regulierung aller Schattenbankunternehmen und -aktivitäten“ angemahnt. Doch daraus wird nichts.
Wieder einmal musste zunächst ein Expertengremium ran, diesmal der Finanzstabilitätsrat FSB. Und wieder sorgen Konsensbeschlüsse für eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners. Vorgelegt wurden ein paar konkrete Empfehlungen für bestimmte, in Deutschland bedeutungslose Geldmarktfonds. Ansonsten soll der G 20 erstmal nur versichern, dass der Prozess weitergeht. Die Bundesregierung steht nun blamiert dar, auch weil sie auf eigene Vorstöße komplett verzichtet hat (vgl. Antwort auf schriftliche Frage an die Bundesregierung). Eine ehrgeizige Politik sieht anders aus.
Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners
Der G 20-Gipfel wird, wie so viele vorher auch, weitgehend folgenlos bleiben. Doch das ist nichts Neues. Der Bundesregierung ist vor allem anzulasten, dass sie die Probleme nicht auf anderer Ebene angegangen ist. Sie hätte die Verbindungen von deutschen Unternehmen zum florierenden, weitgehend im Ausland angesiedelten Schattenbankenwesen längst durch Quellensteuern oder andere Sanktionen beschneiden können. Doch sie setzt auf Abhilfe durch Technokraten.
Die Unternehmenssteuern wurden in den letzten Jahren massiv gesenkt. Wir setzen uns für eine europaweit vereinheitlichte Unternehmensbesteuerung und höhere Steuersätze ein, um die Umverteilung zugunsten des Kapitals zu stoppen. Parlamentarisch haben wir Steuervermeidungspraktiken stets offensiv bekämpft. Doch der Kampf gegen die Steuervermeidungsindustrie ist ein Kampf mit ungleichen Waffen. Eine wirkliche Trendwende kann es nur geben, wenn Steuerwettbewerb generell als schädlich benannt und dann auch konsequent von Ministerien und Behörden bekämpft wird. Das will weder Angela Merkel, noch wird es Peer Steinbrück ohne eine Linksfraktion im Bundestag tun.
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