"Solidarische Lebensleistungsrente" Rentenniveausenkung konterkariert Armutsvermeidung
Von Johannes Steffen
In der 18. Wahlperiode will eine Koalition aus CDU, CSU und SPD endlich »Altersarmut verhindern«. Mit einer »solidarischen Lebensleistungsrente« sollen ab dem Jahr 2017 niedrige Versichertenrenten auf bis zu 30 Entgeltpunkte angehoben werden. Dieser Höchstwert entspricht in den alten Ländern derzeit einer Bruttorente von 844,20 Euro – netto verbleiben davon nach Abzug der individuellen Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung rund 756 Euro. Von der geplanten Anhebung werden jedoch nur Zugangsrenten erfasst – der Rentenbestand bleibt außen vor.
Das Vorhaben stimmt in weiten Teilen überein mit dem Konzept der Zuschussrente, das die Bundessozialministerin schon in der letzten Wahlperiode propagierte. Die Zugangsvoraussetzungen (Wartezeiterfordernis) werden allerdings leicht modifiziert: Statt am Ende 45 Versicherungsjahre – davon 35 Beitragsjahre aus Beschäftigung, Kinderberücksichtigung oder Pflege – sieht der Koalitionsvertrag eine Wartezeit von 40 Beitragsjahren vor; hierbei können bis zu fünf Jahre Arbeitslosigkeit wie Beitragsjahre berücksichtigt werden. Für eine Übergangszeit bis einschließlich 2022 sollen insgesamt 35 Beitragsjahre reichen. Zudem ist für Rentenzugänge ab 2023 neben den dann 40 Beitragsjahren in der gesetzlichen Rentenversicherung noch der Nachweis zusätzlicher privater oder betrieblicher Altersvorsorge erforderlich.
Sind die Voraussetzungen erfüllt und liegen der Berechnung im Einzelfall weniger als 30 Entgeltpunkte (EP) zugrunde, so kann die Rente bis auf diesen Wert angehoben werden; weiteres eigenes sowie eventuelles Partnereinkommen mindern den Zuschlag allerdings. Wer auch nach der Anhebung nicht auf 30 EP kommt und zudem bedürftig im Sinne der Grundsicherung nach SGB XII ist, soll im zweiten Schritt einen weiteren Zuschlag bis zu einer Gesamtsumme von 30 EP erhalten. Dass nicht alle Berechtigten gleich im ersten Schritt 30 EP erreichen können, liegt unter anderem daran, weil nur die EP aus vollwertigen Pflichtbeitragszeiten um ein (noch nicht beziffertes) Vielfaches und zudem auf einen pro Kalendermonat begrenzten Wert (maximale Entgeltposition) erhöht werden sollen.
Jenseits aller noch offenen Regelungsdetails bleibt aber die zentrale Frage: Reichen in der Summe 30 Entgeltpunkte aus, um zumindest bei einer typisierenden Betrachtung die Aufstockung der Rente durch Leistungen der Grundsicherung zu vermeiden?
Ende 2012 lag der Bruttobedarf der Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung im Alter (außerhalb von Einrichtungen) im Bundesdurchschnitt bei 727 Euro; Ende 2013 werden es rund 740 Euro sein. Der Rentenzahlbetrag für 30 EP beträgt in den alten Ländern derzeit 756 Euro und liegt damit 16 Euro oberhalb des aktuellen Grundsicherungsbedarfs. Dieser knappe rechnerische Vorsprung dürfte allerdings kaum von Dauer sein. Grund ist das weiter sinkende Rentenniveau.
Dem jüngsten Rentenversicherungsbericht zufolge sinkt das Sicherungsniveau vor Steuern (SvS) von derzeit 48,7 Prozent bis zum Jahr 2027 weiter auf 45,4 Prozent. Geht man davon aus, dass der durchschnittliche Grundsicherungsbedarf – so wie in den vergangenen Jahren – im Trend den Löhnen folgt, dann lässt sich über das Rentenniveau die Entwicklung der Wertigkeit von 30 EP und ihr Verhältnis zum Grundsicherungsbedarf berechnen.
In den alten Bundesländern sind heute 29,38 EP erforderlich, um einen Rentenzahlbetrag in Höhe von 740 Euro zu erreichen. Bei einem Rentenniveau von nur noch 45,4 Prozent (2027) sind bereits 31,52 EP nötig und bei einem im Laufe der 2030er Jahre zu erwartenden SvS von 43 Prozent wären es 33,46 EP.
Mit sinkendem Rentenniveau sinkt die Wertigkeit sämtlicher Rentenanwartschaften – immer im Vergleich zur Entwicklung der Löhne. Kaum, dass der »Kampf« gegen Altersarmut 2017 aufgenommen wird, ist er auch schon verloren. Denn ab 2020 reichen 30 EP nicht mehr aus, um den Grundsicherungsbedarf zu decken. Wer unbeirrt an der Rentenniveausenkung festhält, wird bei der Bekämpfung von Altersarmut absehbar scheitern.
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