Zwischen Wohlstand und Verarmung: Deutschland vor der Zerreißprobe.

Bericht des Paritätische Gesamtverbands zur regionalen Armutsentwicklung in Deutschland 2013

21.12.2013 / Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e. V., Dezember 2013

Einleitung

Die Armut sei gestoppt, die Einkommensschere schließe sich sogar wieder – so die Bundesregierung im Wahljahr 2013[1]. Mit dem 4. Armuts- und Reichtumsbericht im März dieses Jahres glaubte man, den Nachweis dafür erbracht zu haben.[2] Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Mit einer Armutsquote von 15,2 Prozent ist 2012 ein neuerliches, trauriges Rekordhoch erreicht.

Als der Paritätische Wohlfahrtsverband im Mai 2009 zum ersten Mal einen Armutsatlas für Regionen in Deutschland vorlegte,[3] wurde deutlich, dass Deutschland nicht nur sozial, sondern auch regional ein tief zerrissenes Land ist. Bei dieser ersten regionalen Betrachtung konnte der Verband lediglich auf drei Erhebungswellen – nämlich 2005 bis 2007 – zurückgreifen. Entwicklungen nachzuzeichnen oder gar zu analysieren war auf dieser Datenbasis nicht möglich. Dies gelang erstmalig mit dem Paritätischen Armutsbericht 2011. [4] Durch die Zusammenführung der Erkenntnisse des Armutsatlas einerseits und den seitdem regelmäßig veröffentlichten regionalen Armutsquoten der statistischen Landesämter und des statistischen Bundesamtes[5] andererseits, konnten erstmalig – mit aller gebotenen Vorsicht – Trends analysiert werden, da regionale Daten nunmehr von 2005 bis 2010 vorlagen. Mit dem Armutsbericht 2013 wird diese Analyse zum zweiten Mal fortgeschrieben. Der Berichtszeitraum reicht mittlerweile von 2005 bis 2012.

Es zeigt sich: Der gefährliche Negativtrend, der sich im letzten Jahr abzuzeichnen begann, wurde deutlich bestätigt. Seit 2006 ist die Armut in Deutschland von 14,0 Prozent auf mittlerweile 15,2 Prozent gestiegen. Gerade auch mit Blick auf die Regionen treten besorgniserregende Entwicklungen zu Tage: Mehrjährig positive Trends in Mecklenburg-Vorpommern oder Thüringen sind zum Erliegen gekommen, positive Trends in Brandenburg oder Hamburg scheinen sich nun endgültig gedreht zu haben. Während die Länder mit vergleichsweise sehr niedrigen Armutsquoten – Baden-Württemberg und Bayern – ihre Position noch einmal verbessern konnten, verschlechterte sich zugleich die Situation bei denjenigen Ländern, die ohnehin mit Armutsquoten von über 20 Prozent weit abgeschlagen waren: Sachsen-Anhalt, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen. Die Befunde des vorliegenden Armutsberichts 2013 geben daher Anlass zu tiefer Sorge. Die Kluft zwischen bundesdeutschen Wohlstandsregionen auf der einen Seite und Armutsregionen auf der anderen Seite wächst stetig und deutlich. Die sozialen und regionalen Fliehkräfte, gemessen an der Einkommensspreizung, nehmen seit 2006 in Deutschland dramatisch zu. Deutschland steht vor der Zerreißprobe.

[1] Interview mit Arbeitsministerin Ursula von der Leyen vom 6.5.2013. http://www.bild.de/politik/inland/ursula-von-der-leyen/warum-ich-nicht-mehr-kanzlerin-werde-30276766.bild.html [16.10.2013].

[2] Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2013): Lebenslagen in Deutschland – Der Vierte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Berlin.

[3] Der Paritätische Gesamtverband (2009): Unter unseren Verhältnissen – Der erste Armutsatlas für Regionen in Deutschland. Berlin.

[4] Der Paritätische Gesamtverband (2011): Von Verhärtungen und neuen Trends – Bericht zur regionalen Armutsentwicklung in Deutschland 2011. Berlin.

[5] Amtliche Sozialberichterstattung. http://www.amtliche-sozialberichterstattung.de [21.11.2013]

Den ganzen Bericht finden Sie im nachfolgenden PDF-Dokument oder auf www.der-paritaetische.de