Kommunales Eigentum: 42 Milliarden Euro Substanzverlust seit 2003
IMK Pressemitteilung
Die Städte und Gemeinden in Deutschland haben auch 2013 wieder massiv von ihrer Substanz gezehrt. Die Abschreibungen auf kommunale Bauten, Infrastruktureinrichtungen, Maschinen und den sonstigen Kapitalstock lagen im vergangenen Jahr um knapp 4,5 Milliarden Euro höher als die Investitionen der Kommunen. Damit setzte sich der Wertverlust beim kommunalen Eigentum im 11. Jahr in Folge fort. Seit 2003 haben die Abschreibungen die Investitionen um insgesamt 42 Milliarden Euro übertroffen. Das zeigen neue Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung.
"Viele Kommunen müssen offensichtlich weiter auf Verschleiß fahren, da gibt es keine Trendwende", erklärt IMK-Forscherin Dr. Katja Rietzler. Die Expertin für öffentliche Finanzen hat die kommunale Abschreibungs- und Investitionsbilanz auf Basis der aktuellsten Daten aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) kalkuliert. Ihr längerfristiger Vergleich zeigt: Der Wertverlust im vergangenen Jahr war der dritthöchste seit 2003. Die positive Entwicklung der Gemeindefinanzen - im vergangenen Jahr wiesen die deutschen Städte und Gemeinden in der VGR einen Einnahmeüberschuss von 3,5 Milliarden Euro aus - gebe offensichtlich nur einen Teil der Realität wieder, warnt die Forscherin: "Die Kommunen insgesamt haben nicht genug Spielraum, um auch nur die Abschreibungen auszugleichen. Gleichzeitig wissen wir, dass sich finanzstarke und finanzschwache Städte und Gemeinden immer weiter auseinanderentwickeln. In den ärmeren Kommunen dürfte der Investitionsrückstand also besonders drastisch wachsen."
Der kommunale Investitionsstau ist nach Analyse der Ökonomin nicht nur für die direkt betroffenen Bürger ein Problem, sondern auch für die deutsche Volkswirtschaft insgesamt. Schließlich entfällt auf Städte und Gemeinden ein Großteil der öffentlichen Investitionen. Dass zahlreiche Kommunen nicht einmal in der Lage seien, ihren Kapitalstock zu erhalten, zeige, wie schwach diese wichtige Komponente der Binnennachfrage sei, erklärt Rietzler. "Dabei müssten die staatlichen Investitionen eigentlich deutlich zunehmen, um die Infrastruktur zukunftsfähig zu machen und das Wachstum der deutschen Wirtschaft weniger abhängig vom Ausland", sagt die Forscherin.
Die kommunale Investitionsschwäche ist nach Rietzlers Analyse, ebenso wie die bislang unterdurchschnittliche Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst, ein deutliches Indiz für eine Unterfinanzierung des Staates. "Die massiven Steuersenkungen der vergangenen 15 Jahre hinterlassen ihre Spuren", erklärt die Wissenschaftlerin. Nach Berechnungen des IMK haben Bund, Länder und Gemeinden durch die Steuerrechtsänderungen seit Ende der 1990er-Jahre bis 2013 per Saldo 484 Milliarden Euro weniger eingenommen.
Kontakt:
Dr. Katja Rietzler
IMK, Expertin für Finanzpolitik