Bankenunion: ein Haus mit Dachschaden
Bundestagsrede von Axel Troost am 25. September 2014
Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir alle erinnern uns noch daran, wie wir vor ein paar Jahren hier gestanden und ein Bankenrettungspaket nach dem anderen durchgezogen haben. Sicherlich dienten die heutigen Lobreden in Bezug auf das, was wir beraten und verabschieden sollen, auch dazu, noch einmal deutlich zu machen, wie unwürdig das damalige Verfahren gewesen ist und dass sich nun alle bemühen, dass so etwas nicht mehr zustande kommt. Ich glaube auch, dass es sich heute keine Regierung und keine Regierungsfraktion mehr leisten kann, noch einmal so vorzugehen, wie das damals der Fall war.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir haben gesehen, dass eine Bankenkrise in der Tat nicht allein auf nationaler Ebene zu lösen ist und dass bei Abwicklungen aufgrund verschiedener Regelungen in den jeweiligen Ländern natürlich erheblicher Abstimmungsbedarf besteht. Insofern glaube ich, dass ein europäisches Abwicklungssystem vom Prinzip her erst einmal sinnvoll ist. Es muss aber eben auch funktionieren. Um im Bild vom Kollegen Brinkhaus zu bleiben: Wenn am Schluss das Dach fehlerhaft ist, dann hat man eben einen Dachschaden.
(Beifall bei der LINKEN)
Das könnte das Problem sein, über das wir hier noch reden müssen.
Ich möchte zumindest zwei Punkte aus einer Reihe von Punkten ansprechen, die für meine Begriffe völlig ungelöst sind:
Erster Punkt. Einige Banken sind nach wie vor wesentlich zu groß, zu komplex und zu vernetzt. Ich möchte das am Beispiel der Deutschen Bank aufzeigen. Die Deutsche Bank hat sich innerhalb des Finanzsystems mit 250 Milliarden Euro verschuldet. Sie hat ihrerseits Forderungen gegen andere Banken in einer Größenordnung von 300 Milliarden Euro. Solche Forderungen kann man nicht vernünftig abwickeln, ohne dass man Schneeball- bzw. Dominoeffekte auslöst. Wenn man bedenkt, dass wir allein in der Euro-Zone zehn Banken haben, die eine Bilanzsumme von über 1,5 Billionen Euro aufweisen, dann muss man an diese Banken heran und schauen, dass man sie auf ein vernünftiges Maß verkleinert. Das muss man dann wirklich auch erzwingen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es handelt sich dabei in der Tat um einen komplizierten Prozess, bei dem man sich mit der Finanzbranche anlegen muss. Darum kommt man aber nicht herum.
Kollege Brinkhaus, wir beide waren damals in New York in der Filiale der Deutschen Bank und uns einig: Ein Konstrukt mit der Größenordnung wie die Deutsche Bank kriegt man weder als kapitalistisches noch als vergesellschaftetes Unternehmen vernünftig gemanagt. Insofern müssen wir an diese Größenordnungen heran. Denn man merkt, dass in der Branche die Zockerei schon wieder überall angefangen hat.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweiter Punkt. Die Idee eines europäischen Abwicklungssystems hört sich gut an, wenn es auch alle Standorte erfasst. Von den 40 großen europäischen, grenzüberschreitenden Bankengruppen agieren aber nur 5 Bankengruppen allein in Staaten der Bankenunion. Im Rahmen unseres Besuches in Großbritannien haben uns Vertreter der Finanzbranche und auch die Abgeordneten dort gesagt: Gute Idee mit der europäischen Bankenunion. Aber nicht mit uns.
(Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie stimmen da genauso ab in der Fraktion!)
Zu Deutsch: All die Banken, die in London, dem größten Börsenplatz, in erheblichem Umfang aktiv sind ‑ das sind fast alle großen ‑, sind nicht in vollem Umfang im Bereich der Bankenunion erfasst. Das heißt: In Krisenfällen wird man vor dem Problem stehen, wie man das britische Geschäft vom Restgeschäft abgrenzt, um das Risikogeschäft in den Griff zu bekommen. Insofern glaube ich, dass es noch erhebliche Schwächen gibt, die aus dem hektischen Schritt resultieren, die EZB für das Ganze zuständig zu machen.
Ein letzter Punkt, der für mich ganz zentral ist, ist die Frage der Bankenabgabe, also des Aufbaus des Bankenrettungsfonds. Diesbezüglich ist noch nichts entschieden, aber es zeichnet sich ab, dass in ganz erheblichem Umfang auch kleine Banken herangezogen werden, also kleine Sparkassen und kleine Genossenschaftsbanken. Diese haben nichts mit diesem Fonds zu tun, weil sie erstens im Zweifelsfall überhaupt nicht gerettet, sondern abgewickelt würden, weil sie zweitens eigene Sicherungssysteme haben, die aber einfach nicht zur Kenntnis genommen werden, und weil sie drittens ein Geschäftsmodell haben, das dafür sorgt, dass sie solche Probleme gar nicht erst bekommen. Ich spreche in diesem Zusammenhang von den Sparkassen, nicht von den Landesbanken.
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Und wer gibt das Geld den Landesbanken?)
‑ Das hat doch damit nichts zu tun. Die Landesbanken sollen doch die Abgabe zahlen. Aber deswegen muss doch nicht auch die kleine Sparkasse zahlen, die damit nichts zu tun hat.
(Beifall bei der LINKEN)
Deswegen müssen auch wir als deutsches Parlament noch einmal deutlich machen, dass nicht die Falschen zur Finanzierung von Großzockerbanken herangezogen werden dürfen, sondern die Kleinen weitestgehend befreit werden müssen. Das ist ein ganz großes Anliegen der Sparkassen und der Kreditgenossenschaften.
Danke schön.
Nachfolgend finden Sie die Rede als Videomitschnitt
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