Bankenabwicklung: Zwischen Fata Morgana und Wirklichkeit

Analysen von Axel Troost und Rainald Ötsch

23.07.2015 / Rosa Luxemburg Stiftung Reihe Analysen, Juli 2015

Zu den ältesten Großbauprojekten in der Geschichte der Menschheit gehört derTurm von Babel, der bis in den Himmel reichen sollte. Für diesen Hochmut strafte Gott das Volk von Babel mit Sprachverwirrung und verstreute es über die ganze Erde. Das Projekt war beendet.

In den Finanzmetropolen dieser Welt finden hohe Türme, Hochmut und Sprachverwirrung heute wieder zusammen. Da sich Gott schon seit Längerem mit direkten Eingriffen zurückhält, müssen jetzt die Regierungen ran, wenn ihnen die Bankentürme über den Kopf zu wachsen drohen. Sie orientierten sich aber zuletzt eher an der Bergpredigt als am Alten Testament: Statt dem altbiblischen Motto «Auge um Auge, Zahn um Zahn» zu folgen, handelten sie gemäß der Devise: «Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin.»

Künftig will sich die Europäische Union (EU) wieder mehr an die rauen Regeln der Marktwirtschaft anpassen. Zwar dauerte es wie üblich etwas länger, doch inzwischen haben sich die 28 EU-Staaten gemeinsame Regeln zum Umgang mit kriselnden Banken gegeben.

Neben der Bankenabwicklungsrichtlinie (BRRD), welche die Abwicklungsregeln in der gesamten EU harmonisiert, delegieren die Staaten der Bankenunion (derzeit die Eurozone) die Entscheidungskompetenz für die Bankenabwicklung mit der Verordnung zum einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM-VO) an einen gemeinsamen Abwicklungsausschuss. Dieser kann auf einen gemeinsamen Abwicklungsfonds zugreifen. Im Gegensatz zum Aufsichtsmechanismus der Europäischen Zentralbank (EZB), der sich nur auf die 128 «bedeutenden» Banken der Bankenunion bezieht, gelten die Vorschriften der SRM-VO für alle Banken der Bankenunion.

Mit der neuen Verordnung verbindet sich die Hoffnung, dass Banken Staaten nicht länger damit erpressen können, dass ihre Pleite die Finanzstabilität bedroht. Zugleich soll der Teufelskreis von Staats- und Bankschulden durchbrochen werden.

Wie genau sehen die neuen Regeln also aus, wie sind sie entstanden, wer zahlt am Ende, und welcher Nutzen ist zu erwarten?

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Inhalt

  • 1 Einleitung S.2
  • 2 Politischer Kontext der Bankenunion S.3
  • 3 Was bringen die neuen Abwicklungsregeln? S.6
    • 3.1 Implizite Staatsgarantien für Großbanken S.7
    • 3.2 Bail-in statt Bail-out? S.8
    • 3.3 Gläubigerhaftung bei Großbanken – mehr Wunsch als Wirklichkeit S.12
    • 3.4 Grenzüberschreitende Geschäfte schwer zu belangen S.15
    • 3.5 Ineffizientes Entscheidungsverfahren S.16
    • 3.6 Abwicklungsplanung mit Hindernissen S.18
    • 3.7 Der Bankenrettungsfonds – ein fragwürdiges Gebilde S.19
    • 3.8 Wer springt ein, wenn alle Stricke reißen? S.26
    • 3.9 Schlupflöcher und Sonderregelungen S.28
    • 3.10 Bankenrettung mit Staatsgeldern – nicht zwingend des Teufels S.31
    • 3.11 Das Teuerste sind die indirekten Kosten einer Krise S.32
    • 3.12 Sanierung und Frühintervention – Verfahren mit wenig Nutzen S.32
  • 4 Fazit – Wo bleibt die Reform des Bankensektors? S.34

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