Kein vorschneller Beitritt zur AIIB
Bundestagsrede von Axel Troost am 01.10.2015
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der frühere Chefökonom der Weltbank Joseph Stiglitz schrieb vor einigen Monaten: Unsere Welt krankt an einem ‑ ich zitiere ‑ „Finanzsystem, in dem Marktmanipulation, Spekulation und Insider-Handel zum Alltag gehören, das aber bei seiner Hauptaufgabe versagt: der Verteilung von Ersparnissen und Investitionen auf globaler Ebene. - Dem ist zuzustimmen.
Derzeit mangelt es weder an Ersparnissen noch an Investitionsmöglichkeiten. Insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern gibt es einen enormen Bedarf an Infrastruktur. Doch weder die Finanzmärkte noch die bestehenden Abkommen und Institutionen sind willens oder in der Lage, die dazugehörige Finanzierung zu stemmen. In diese Lücke soll nun die 100 Milliarden Dollar schwere Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank springen. Zugleich ist die Gründung dieser Bank eine Antwort auf das Versagen, internationale Organisationen wie Weltbank, Asiatische Entwicklungsbank oder auch IWF entsprechend zu reformieren. Aber das ist insgesamt eine positive Entwicklung. Bei den jetzt zu fördernden Infrastrukturprojekten wird es um Straßenbau gehen, um Energieversorgung, Hafenbau und den Bau von Städten für Millionen von Menschen und durchaus auch um den Aufbau einer grünen Wirtschaft.
Wie wir gehört haben, geht zwar alles sehr schnell; aber es gibt noch viele offene Fragen. Ungeklärt ist etwa, mit welchen Sozial- und Umweltrichtlinien die AIIB dafür sorgen wird, dass die geplanten großen Infrastrukturprojekte keine Massenumsiedlungen und massiven ökologischen Schäden anrichten. Wir werden die Praktiken und Standards der AIIB noch im Detail diskutieren müssen. Im Augenblick ist anders als bei anderen Entwicklungsbanken bisher nicht festgelegt, dass zum Beispiel die Finanzierung von Atomkraftwerken und die Finanzierung von Kohleprojekten ausgeschlossen sind; das muss noch angegangen werden. Selbst Vorhaben in Naturschutzgebieten scheinen nicht ausgeschlossen zu sein. Insofern hat der Staatssekretär völlig recht: Schnelligkeit ist auf der einen Seite gut; aber auf der anderen Seite müssen eben auch Standards eingehalten werden.
Ich will hier kein plumpes China-Bashing betreiben; aber es ist natürlich völlig klar, dass sich bei einer Bank, bei der China mit weitem Abstand der größte Kapitalgeber ist, die chinesische Kultur in der Arbeitsweise niederschlagen wird. Der Umgang der chinesischen Regierung mit Minderheiten und kritischen Stimmen ist nicht so, dass man davon ausgehen kann, dass es Bürgerbeteiligung und ausreichende Umweltprüfungen geben wird. Insofern glaube ich, dass man bei allen Chancen ‑ und es ist sicherlich sinnvoll, in dieser Region eine solche Bank zu gründen ‑ eben auch schauen muss, dass die Sozial- und Umweltstandards in die Bedingungen der Bank aufgenommen werden; sonst werden wir hier jeweils die einzelnen Skandalprojekte diskutieren müssen. Von den sozialen Bewegungen werden wir dann hören, was alles nicht vernünftig läuft.
Insofern sind wir ein bisschen überrascht ‑ wir haben von der Eile gehört ‑, dass wir heute die erste Lesung dieses Gesetzentwurfs haben und ihn bereits in der übernächsten Sitzungswoche ‑ ursprünglich war schon die nächste Sitzungswoche geplant; wir haben das um eine Sitzungswoche verschoben ‑ abschließend beraten sollen. Wir sind gespannt, welche Maßnahmen ergriffen werden, um diesen Terminplan halten zu können. Uns geht es nicht nur um Schnelligkeit. Vielmehr müssen wir sicherstellen, dass in die Satzung dieser Bank aufgenommen wird, was wir an Standards weltweit festgelegt haben.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)
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