Wir trauern um Elisabeth Gauthier
Redaktion Sozialismus
Am 9. Februar verstarb in Paris unsere langjährige Freundin, politische Mitstreiterin und Autorin Elisabeth Gauthier nach kurzer schwerer Krankheit. In Österreich aufgewachsen, lebte sie Jahrzehnte in Frankreich. Sie war engagiertes Mitglied in der PCF und in vielen verantwortlichen Funktionen tätig.
Sie hat im Rahmen der parteiübergreifenden Reformpolitik das linke Forum »Espace Marx«, ein linkes Netzwerk und somit »un lieu d'échange et des recherches« (ein Ort des Dialogs und der Forschung) mit gegründet und lange Jahre als Direktorin geleitet.
Aus den europäischen Treffen über marxistische Analysen zum gegenwärtigen Kapitalismus entstand das europäische Netzwerk transform! europe, das heute aus 28 linken europäischen Forschungs- und Bildungseinrichtungen aus 19 Ländern besteht und das von der Partei der Europäischen Linken (EL) als die mit ihr korrespondierende politische Stiftung anerkannt ist. Ihrem Managing Board gehörte sie bis zu ihrem viel zu frühen Tod an. Ebenso konsequent beteiligte sie sich von Beginn an am Auf- und Ausbau der europäischen und Weltsozialforums-Bewegung.
Die beschleunigte Entwicklung des Rechtspopulismus in Europa gehörte zu den Prozessen, die sie politisch in der jüngsten Zeit am stärksten bewegten. Der sich in den letzten Jahren verstärkende Rechtstrend in Europa war in ihren Augen auch ein Ergebnis der Unzulänglichkeiten der politischen Linken und ihrer unbefriedigenden Antworten auf die enormen gesellschaftlichen Widersprüche in den entwickelten kapitalistischen Gesellschaften.
Ihre politischen Anstrengungen galten den Reformen der linken Parteien, der Entwicklung einer Solidaritätsbewegung mit den europäischen Gesellschaften der südlichen Peripherie (Griechenland, Portugal, Spanien) und der Entwicklung von Strategien gegen die europäische Rechtsbewegung. Sie konfrontierte die Linke in Europa immer wieder mit der Frage, wie die Offensive der nationalistischen, populistischen, extremen Rechten gestoppt werden könnte.
»Die Linke muss vor allem überall dort, wo sich nationalistische, fremdenfeindliche und rassistische Tendenzen entwickeln, entschieden dagegen auftreten. Entscheidend wird aber sein, ob es gelingt, gegenüber der Dynamik der radikalen Rechten nicht nur Widerstand zu organisieren, sondern auf die Frage, ob Politik Positives bewirken kann, neue, kreative Antworten zu entwickeln. Insofern sind alle gesellschaftlichen Kräfte der Linken mit einer äußerst komplexen Herausforderung konfrontiert. Wenn die Linke eine neue politische Dynamik schaffen will, muss sie der Demobilisierung ihrer potenziellen Wähler_innen, und insbesondere der am meisten von der Krise Betroffenen, mit einer neuen Ambition entgegenwirken und deshalb eine Konzeption zur Überwindung des entfesselten Kapitalismus entwickeln.«
Trotz dieser bedrückenden Einschätzung, in der die im Frühjahr 2015 sich erst abzuzeichnende massive Bewegung der Fluchtsuchenden bereits Eingang fand, hat Elisabeth immer versucht, Alternativen voranzubringen und Auswege zu eröffnen. »Die durch die mörderischen Attentate vom Januar 2015 provozierte breite gesellschaftliche Debatte zeigt, dass zahlreiche Initiativen in Schulen, Gemeinden, Universitäten, Medien etc. ergriffen werden, häufig mit der Intention, die Spaltungen nicht zu vertiefen, Verständnis und Gemeinsamkeiten zu fördern. In der Zivilgesellschaft existieren Ressourcen, einen positiven Weg einzuschlagen.«
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