Rede von Axel Troost zur Neufassung der Europäischen Insolvenzverordnung
Seit Inkrafttreten der Europäischen Insolvenzverordnung 1346/2000 im Jahr 2002 besteht in der Europäischen Union ein einheitlicher Rechtsrahmen für die Behandlung von grenzüberschreitenden Insolvenzen. Aus dem 2012 von der Europäischen Kommission vorgelegten Evaluationsbericht zur Europäischen Insolvenzverordnung ist die Verordnung 2015/848 hervorgegangen, die am 26. Juni 2017 in Kraft tritt und die bisherigen Regelungen der Europäischen Insolvenzverordnung neu fasst.
Bei den Regelungen handelt es sich nicht um eine Anpassung oder Vereinheitlichung der nationalen Vorschriften zum jeweiligen Insolvenzrecht, sondern überwiegend um Kollisions- und Verfahrensregeln, um die unterschiedlichen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten so zu verzahnen, dass grenzüberschreitende Insolvenzen im Binnenmarkt besser bewältigt werden können. Es werden damit unter anderem Fragen der Gerichtszuständigkeit, der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sowie des im Einzelfall anwendbaren Rechts beantwortet.
Europäische Verordnungen wie die Insolvenzverordnung sind Rechtsakte, die in jedem Mitgliedstaat unmittelbar als Gesetz gelten. Im Gegensatz zu Richtlinien bedürfen sie keiner Umsetzung in nationales Recht und lassen keine nennenswerten Spielräume für den nationalen Gesetzgeber offen.
Der deutsche Gesetzgeber nahm das Inkrafttreten der Europäischen Insolvenzverordnung dennoch zum Anlass, im deutschen Recht Verfahrensvorschriften aufzunehmen, um das nationale Insolvenzrecht besser in die vorgeschriebenen Verfahrensabläufe des Unionsrechts einzupassen.
Auch das vorliegende Gesetz ist ein solches Durchführungsgesetz, das die Änderungen der Europäischen Insolvenzverordnung aufgreift.
Es ist eine undankbare Aufgabe für Abgeordnete, zu einem solchen Gesetz zu debattieren. Zwar ist das internationale Insolvenzrecht durchaus eine praktisch relevante und spannende Materie. Doch die laut zu vernehmende Kritik an Einzelregelungen der Europäischen Insolvenzverordnung muss in Brüssel debattiert werden. Hier im Deutschen Bundestag müssen wir uns auf das Durchführungsgesetz beschränken. Und selbst wenn es, wie bei jedem Gesetz selbstverständlich auch hier, auf eine ordentliche handwerkliche Umsetzung ankommt – praktische Relevanz haben die Regelungen im Zweifelsfall nicht, da die Europäische Verordnung Vorrang hat und alleiniger Maßstab bei der Bewältigung auftretender Rechtsprobleme ist.
Insgesamt ist die Fachwelt, die täglich mit dem Gesetz konfrontiert ist, mit den Durchführungsvorschriften einverstanden. Wir begrüßen, dass sich die Koalitionsfraktionen im Rechtsausschuss die Verbesserungsvorschläge der Praktiker zu Herzen genommen und entsprechend nachgebessert haben.
Besonders begrüßen wir die in der Beschlussempfehlung dargelegte Einsicht, nicht das gesamte Insolvenzstrafrecht auch noch im Zuge dieses Gesetzgebungsvorhabens und allein aufgrund von Ausschussberatungen umfassend zu reformieren – eine Einsicht, die bei anderen Vorhaben in diesem Hause leider nicht häufig zu beobachten ist. Die von meinem Kollegen Professor Hirte in den Beratungen zur Diskussion gestellten Vorschläge zur Begrenzung der Strafbarkeit im Rahmen von Insolvenzen sind rechtspolitisch diskussionswürdig, bedürfen aber intensiverer Beratungen in einem eigenständigen Gesetzgebungsvorhaben.
Abschließend bleibt anzumerken, dass die vom Rechtsausschuss hier empfohlene Änderung des § 15a InsO – Insolvenzverschleppung – gegenüber dem Regierungsentwurf ein erster richtiger Schritt zu mehr Klarheit und Bestimmtheit der Norm ist.
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