Anmerkungen zu:
Enrico Stange und Florian Krahmer, Die Gewährleistung öffentlicher Sicherheit bleibt staatliche Aufgabe. Antwort auf Rudolf Hickel „Thesen zur Begründung der gebührenfinanzierten Kosten für Polizeieinsätze bei Großveranstaltungen mit besonderem Risiko“
05.03.2018 / Rudolf Hickel
Über die Frage der Finanzierung des zusätzlichen Polizeischutzes bei kommerziellen Großveranstaltung muss dringend diskutiert werden. Das Thema steht spätestens seit 2014 auf der Agenda. Erst durch das OVG Bremen-Urteil ist auch innerhalb der „Linken“ eine Debatte ausgelöst worden. Die Debatte kommt spät, aber sie ist wichtig. Daher danke ich für die Replik. Einige Unsicherheiten in meiner Argumentation sind durch die kritischen Hinweise durchaus offengelegt worden.
Folgende Hinweise:
- 1. Es geht um kommerzielle, profitwirtschaftliche Großveranstaltungen, die einen zusätzlichen Einsatz an Polizei erforderlich machen. Die „normalen“ Polizeieinsätze sollen weiterhin aus allgemeinen Steuern finanziert werden. Dabei ist die Definition ab 5 000 Personen durchaus gegriffen. Allerdings zeigt eine vergleichende Analyse in Bremen, dass ab ca. 5 000 Personen oftmals ein zusätzlicher Polizeieinsatz notwendig ist. Aber natürlich kann über diese Grenze diskutiert werden. Wenn das Hochrisikopotenzial nicht gegeben ist – wie bei einem Kirchentag – wird die Grundsicherung öffentlich finanziert.
- 2. Für die Hochrisikospiele des SV Werder – etwa am letzten Wochenende gegen den HSV – liegen ziemlich genaue Berechnungen zu den Zusatzsatzkosten vor (hier mehr als 450 000 €). Es lohnt sich, die Berechnung genauer anzuschauen. Übrigens ist trotz des Polizeisatzes und der Sicherungsmaßnahmen im Stadion durch die Privatfirma Elko das Abfackeln von Leuchtkörpern nicht verhindert worden. Hier sehe ich ein Problem, das gelöst werden muss. Wie konnte laut der Geschäftsführung des SVW ein Rucksack über den Zaun geworfen werden?
- 3. Ein Hinweis auf andere Länder: Die Fußballvereine in Italien, Frankreich und Großbritannien werden schon lange an den polizeilichen Kosten zur Sicherung der Spiele beteiligt.
- 4. Noch ein vergleichender Hinweis: Niemand zweifelt ernsthaft an der Regelung, der zufolge der Polizeieinsatz für Schwertransporte – etwa von Windflügeln – von den verursachenden Firmen bezahlt werden müssen. Wir kennen viele Beispiele für derartige privatwirtschaftliche Finanzierung staatlicher Kosten infolge zusätzlicher polizeilicher Sicherung.
- 5. Der Hinweis auf die Gewaltprävention ist auch mir wichtig. Die Ursachen der wachsenden Gewalt, die auf steigende Aggressivität zurückzuführen ist, müssen überwunden werden. Dabei stehen die Polizeieinsätze am Ende einer gescheiterten Präventionspolitik. Deshalb muss auch die Finanzierung dieser Arbeit – vor allem mit Fanclubs - gesichert werden.
- 6. Das gewählte Beispiel einer kritischen Konzertveranstaltung, die gegen gewaltbereite Rechte geschützt werden muss, sehe ich durchaus. Es kann jedoch nicht als Begründung dafür dienen, dass Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die immensen Zusatzpolizeikosten für Hochrisikofußballspiele finanzieren. Ich bin mir sicher, hier wäre trotz der generellen Finanzierung der Hochrisikokosten durch die Verursacher eine Sonderregelung zu finden.
- 7. Den Vorwurf vom Paradigmenwechsel finde ich unangemessen. Die Behauptung: Durch die Beteiligung der Großveranstalter an den polizeilichen Zusatzkosten würde eine Kommerzialisierung hoheitlichen Schutzes forciert. Es geht doch genau ums Gegenteil: Die nutzerspezifische Beteiligung muss endlich die bisherige Sozialisierung der Sicherheitskosten von kommerziellen Großveranstaltungen mit Gewinninteressen ablösen. Die DFL erwirtschaftet jährlich über 3 Mrd. € mit den beiden Ligen. Und die wollen die Beteiligung an den Risikokosten verhindern. Wenn jetzt damit gedroht wird, die Zusatzkosten würden auf das Publikum abgewälzt, dann zeigt das doch die kommerzielle Gesinnung des Megaprofitunternehmens DFL. Übrigens nimmt das OVG Bremen nicht die Vereine, sondern die DFL in die Pflicht. Die DFL ist ein streng gesteuerter Konzern, der den Vereinen bis ins Detail die Bedingungen diktiert.
- 8. Abschließend noch der Hinweis: Während der Hochrisikospiele wird, wie Beispiele zeigen, viel Polizeipersonal aus der normalen hoheitlichen Sicherung an anderen, allerdings anfälligen Stellen der Stadt reduziert.
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