400 Milliarden Euro werden jährlich illegal ins Ausland geschafft
Barbara Höll, stellvertretende Vorsitzende und steuerpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, über den Kampf gegen Steuerbetrug und die Umverteilung von unten nach oben
DIE LINKE macht im Zusammenhang mit der Steuerbetrugsaffäre Zumwinkel & Co. dem Bundesfinanzminister schwere Vorwürfe, obwohl der sich doch die Beschaffung der Daten aus Liechtenstein mehrere Millionen Euro hat kosten lassen. Sind Sie nicht zu hart mit Ihrer Kritik?
Nein! Bundesfinanzminister Steinbrück trägt maßgeblich Verantwortung für die Durchlöcherung der Steuergesetzgebung und die Schwächung des Steuervollzugs. Die Möglichkeiten zur legalen Steuervermeidung über Gestaltungsmodelle wurden und werden unter ihm ausgebaut. Der Personalstand bei den Finanzbehörden wurde massiv ausgedünnt.
Kann mehr Personal in den Steuerbehörden wirklich diejenigen aufhalten, die meinen, ihre Millionen zu Recht am Staat vorbei ins Ausland zu schleusen?
Ja, weil die Prüfungsdichte für das Aufdecken von Steuerhinterziehungen entscheidend ist. An anderer Stelle berücksichtigt die Bundesregierung den Zusammenhang zwischen Personalstand und Aufklärungsdichte: Während bei den Steuerfahndern gerade 2 500 Mitarbeiter im Einsatz sind, sind es bei den Schwarzarbeitskontrolleuren 6 000.
Nun wird ja gerade heftig darüber spekuliert, wie viel Millionen oder gar Milliarden Euro durch den Fahndungserfolg in die Staatskasse gespült werden.
Die Steuergewerkschaft geht davon aus, dass jährlich rund 400 Milliarden Euro illegal ins Ausland verbracht werden. Das entspricht – laut Steuergewerkschaft – Steuerhinterziehungen in Höhe von insgesamt 30 Milliarden Euro pro Jahr. Die aktuellen Fahndungen werden davon nur einen kleinen Bruchteil aufdecken.
Und hat DIE LINKE schon Pläne, was mit dem Geld passieren soll?
Erstmal muss man das Geld auch wirklich bekommen. Mit diesem oder ohne dieses will DIE LINKE die fortschreitende Umverteilung von unten nach oben beenden. Dazu haben wir zahlreiche Vorschläge und Anträge eingebracht.
Herr Zumwinkel ist Träger des Bundesverdienstkreuzes. Gibt es in der Bundesrepublik überhaupt noch eine glaubwürdige moralische Instanz, in der Gesellschaft als Vorbild wirkt?
Die Mehrzahl der Bürger und Bürgerinnen handelt verantwortungsbewusst. Eine solche Maßlosigkeit und Raffgier, wie bei Herrn Zumwinkel, ist die Ausnahme. Er hat ja nicht nur Steuern hinterzogen, sondern schon vorher seine Bezüge rücksichtslos immer weiter erhöht.
Die Mitglieder des Bundestages gehen aber auch nicht gerade mit gutem Beispiel voran: Union und SPD haben gegen den Willen aller anderen Fraktionen mit Beginn des Jahres kräftig die Diäten erhöht.
Entscheidend ist nicht die Diätenerhöhung an sich, sondern der Hintergrund, vor dem dies geschehen ist. Zwei Beispiele hierzu: Die Abgeordneten von CDU/CSU und SPD gestehen sich ein Plus bei ihren Bezügen zu, gleichzeitig nimmt die Kinderarmut in Deutschland zu. Und statt den Regelsatz von Hartz IV zu erhöhen, wird dieser von denselben Leuten als überhöht dargestellt.